Thomas Fartmann | Biodiversität und Landschaftsökologie



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Habitatheterogenität fördert Brutvogeldiversität im Extensivgrünland

Extensivgrünland
Strukturreiches Extensivgrünland im Oberen Diemeltal

[22. November 2022] Extensivgrünland zählt zu den artenreichsten Lebensräumen Europas. Sowohl die landwirtschaftliche Intensivierung als auch die Nutzungsaufgabe haben jedoch vielerorts zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands extensiv genutzter Grünlandhabitate geführt. Während zahlreiche Studien den negativen Einfluss dieses Prozesses auf Insekten und Pflanzen belegen, gibt es bisher nur wenig Kenntnisse darüber, welche Umweltfaktoren die Diversität von Brutvogelgemeinschaften im Grünland beeinflussen. In einer aktuellen Studie im Journal of Ornithology wurden Brutvogelgemeinschaften in Kalkmagerrasen und im mesophilen Grünland analysiert. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Artenzahl und Dichte aller und gefährdeter Arten in Kalkmagerrasen höher war als im mesophilen Grünland. Als entscheidende Faktoren für eine hohe Brutvogeldiversität in Kalkmagerrasen konnten dabei die Habitatheterogenität und ein hoher Anteil wacholderreicher Kalkmagerrasen ermittelt werden. Heterogene, wacholderreiche Habitatstrukturen scheinen ein Schlüssellebensraum für arten- und individuenreiche Brutvogelgemeinschaften zu sein. Sie weisen zumeist ein kleinräumiges Habitatmosaik auf, das geeignete Nistplätze und Nahrungsflächen in unmittelbarer Nähe zueinander bietet. Im Gegensatz dazu waren die mesophilen Grünlandflächen im Untersuchungsgebiet durch eher homogene Grasnarben und ein begrenztes Nistplatzangebot gekennzeichnet. Die Dichte aller Arten im mesophilen Grünland und die Anzahl und Dichte gefährdeter Arten in beiden Grünlandtypen hingen primär von der Temperatur zur Brutzeit ab. Vor allem thermophile Arten wie Turteltaube (Streptopelia turtur) und Wendehals (Jynx torquilla) waren auf wärmebegünstigte Probeflächen in den tieferen Lagen des Untersuchungsgebiets beschränkt. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass eine Erhöhung der Habitatheterogenität der Schlüsselfaktor zur Förderung arten- und individuenreicher Brutvogelbestände im Grünland ist. Da sich gegenwärtige Schutzmaßnahmen vor allem an den Habitatansprüchen von Insekten und Pflanzen orientieren, liefert die Studie neue Erkenntnisse für das zukünftige Habitatmangement im Extensivgrünland. Die Studie wurde durch die Stöckmann-Stiftung gefördert.

Brüggeshemke, J., Drung, M., Löffler, F. & T. Fartmann (2022): Effects of local climate and habitat heterogeneity on breeding-bird assemblages of semi-natural grasslands. Journal of Ornithology 163: 695–707. doi.org/10.1007/s10336-022-01972-7 (pdf)

Herzlichen Glückwunsch an Florian Fumy zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion

Disputation Florian Fumy
Florian Fumy promovierte zu den Folgen des globalen Wandels

[04. November 2022] Wir gratulieren unserem Mitarbeiter Dr. Florian Fumy ganz herzlich zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion. Die Dissertation mit dem Titel „Biodiversity and global change: Lessons from a low-mountain range“ beschäftigt sich mit den Auswirkungen des globalen Wandels auf die Biodiversität von montanen Offenland-Ökosystemen im Südschwarzwald. Das Untersuchungsgebiet liegt in einem der bundesweiten Biodiversitäts-Hotspots und zeichnet sich durch das großflächige Vorkommen nährstoffarmer Graslandhabitate und Moore aus. In den Studien seiner Dissertation konnte Florian Fumy anhand verschiedener Indikatorgruppen zeigen, dass der Fortbestand der Biodiversität dieser Lebensräume infolge des Landnutzungs- und Klimawandels in zunehmendem Maße gefährdet ist. Dies gilt insbesondere für kälteliebende Arten wie der Alpen-Ringdrossel (Turdus torquatus alpestris), deren Areal sich infolge des Klimawandels und der Aufgabe traditioneller Landnutzung in den letzten 30 Jahren drastisch verkleinert hat. Im Gegensatz dazu konnten sich wärmeliebende Heuschreckenarten in höhere Lagen des Untersuchungsgebietes ausbreiten. Während sich dies in den großflächigen, extensiv genutzten Weidfeldern des Südschwarzwaldes positiv auf die Heuschreckenartenvielfalt auswirkte, kann eine derartige Entwicklung in stärker degradierten Habitaten langfristig zu einer biotischen Homogenisierung der Lebensgemeinschaften führen. Die Ergebnisse der Dissertation liefern eindeutige Belege, dass eine niedrige bis mittlere Nutzungsintensität und eine hohe Habitatheterogenität die Schlüsselfaktoren für hohen Artenreichtum im montanen Offenland sind. In diesem Kontext sind besonders Maßnahmen zur Erhöhung der strukturellen Lebensraumvielfalt und zur Förderung des Biotopverbunds relevant, die die Anpassungsfähigkeit von Arten an den Klimawandel erhöhen und somit zum Erhalt überlebensfähiger Populationen beitragen können. Eine besondere Rolle sollte hierbei der Förderung von großflächigen Extensivweiden, die während der gesamten Vegetationsperiode mit standorttypischen Rindern bewirtschaftet werden, zukommen. Die Promotion wurde durch das Stipendienprogramm der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

Sommerdürre lässt Abundanzen phytophager Insekten im Extensiv-Grünland zusammenbrechen

 Duerre Rinderweide Niedermeiser
Rinderweide in einem normalen und einem Dürre-Jahr (jeweils im August).

[07. September 2022] Extreme Wetterereignisse – wie sommerliche Dürreperioden – zählen zu den besonders offensichtlichen Folgen des Klimawandels. Bislang gibt es aber kaum Arbeiten, die die Auswirkungen von Dürresommern auf phytophage Insekten im Extensiv-Grünland betrachtet haben. In einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Ecological Entomology wurde der Einfluss von Sommerdürre auf die Abundanzen von Heuschrecken im mageren Grünland (Kalkmagerrasen, mesophiles Grünland) untersucht. Für jeden der beiden Grünlandtypen wurden 27 Probeflächen entlang eines Höhen- und somit Klimagradienten zufällig ausgewählt. Die Sommertemperaturen waren der Schlüsselfaktor, der die Abundanzen der Heuschrecken sowohl in Kalkmagerrasen als auch im mesophilen Grünland bestimmte. Die geringsten Heuschreckendichten wiesen Probeflächen auf, die sich in sommerwarmen, tieferen Lagen mit ausgeprägter Sommerdürre befanden. Mit zunehmender Meereshöhe und abnehmenden Dürreeffekten nahmen die Abundanzen dagegen zu. Basierend auf den Ergebnissen der Studie dürfte die Bedeutung von Dürreereignissen für den Fortbestand der Biozönosen des Extensiv-Grünlandes in Mitteleuropa weiter zunehmen. In den untersuchten Grünland-Ökosystemen kommt insbesondere der Erhöhung der Habitatheterogenität eine entscheidende Bedeutung für die langfristige Erhaltung artenreicher Insektengemeinschaften in Zeiten des Klimawandels zu.

Fartmann, T., Brüggeshemke, J., Poniatowski, D. & F. Löffler (2022): Summer drought affects abundance of grassland grasshoppers differentially along an elevation gradient. Ecological Entomology 47: 778–790. doi: doi.org/10.1111/een.13168 (pdf)

Herzlichen Glückwunsch an Cinja Schwarz zur erfolgreichen Promotion

Cinja Schwarz
Cinja Schwarz promovierte zur Biodiversität in Allmendweiden

[20. Juli 2022] Wir gratulieren unserer Mitarbeiterin Dr. Cinja Schwarz ganz herzlich zum erfolgreichen Abschluss ihrer Promotion. Die Dissertation mit dem Titel „From relict to future model? Common pastures as biodiversity refuges in the pre-alpine agricultural landscape“ beleuchtet die Bedeutung von Allmendweide-Ökosystemen im vorlapinen Raum für den Erhalt der Biodiversität in Mitteleuropa. Während extensive Weide-Ökosysteme bis Ende des 19. Jahrhunderts das Landschaftsbild der mitteleuropäischen Kulturlandschaft dominierten, sind sie heute aufgrund von Nutzungsintensivierung und -aufgabe zumeist auf wenige verbliebene Relikte beschränkt. Die Allmendweiden im vorlapinen Moor- und Hügelland bilden eines der letzten großflächigen Vorkommen historischer Weide-Ökosysteme in Mitteleuropa. In ihren Studien konnte Cinja Schwarz zeigen, dass sich die Allmendweide-Ökosysteme im Vergleich zur umgebenden Landschaft durch heterogenere und nährstoffärmere Standortbedingungen auszeichneten. Da viele Arten unserer Kulturlandschaft auf derartige Umweltbedingungen angewiesen sind, belegen die Ergebnisse der Untersuchungen eine herausragende Bedeutung der Allmenden für den Fortbestand gefährdeter Vogel- und Insektenarten, wie dem Baumpieper (Anthus trivialis) und dem Blaukernauge (Minois dryas). Darüber hinaus begünstigte die strukturelle Heterogenität der Allmendweiden das Vorkommen arten- und individuenreicher Heuschreckengemeinschaften. Lediglich extensiv genutzte Heu- und Streuwiesen haben im Untersuchungsraum gegenwärtig eine ähnlich hohe Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität in der Agrarlandschaft. Deshalb sollte die gemeinschaftliche Nutzung in Allmendweiden unbedingt beibehalten und in zukünftigen Naturschutzkonzepten verstärkt berücksichtigt werden.

Wärmeliebende Insektenarten zeigen positive Verbreitungstrends

 Feuerlibelle
Feuerlibelle (Crocothemis erythraea)

[04. Juli 2022] Wie sich der fortschreitende Klimawandel auf die Bestände heimischer Tierarten auswirkt, ist aufgrund lückenhafter Datensätze oft schwer zu verfolgen. In einer gemeinsamen Studie mit der Technischen Universität München (TUM) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) wurden nun umfangreiche Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) zum Vorkommen von Tagfaltern, Libellen und Heuschrecken in Bayern ausgewertet. Anhand komplexer statistischer Verfahren gelang es, die Veränderungen im Verbreitungsgebiet von über 200 Insektenarten – darunter 120 Tagfalter, 50 Heuschrecken und 60 Libellen – zu analysieren. Die Ergebnisse der Studie in der renommierten Fachzeitschrift Global Change Biology zeigen, dass in allen untersuchten Insektengruppen wärmeliebende Arten ihr Verbreitungsgebiet seit 1980 erweitert haben. Ein eindringliches Beispiel ist die ursprünglich auf den mediterranen Raum beschränkte Feuerlibelle (Crocothemis erythraea). Diese Art wurde Anfang der 1990er-Jahre zum ersten Mal in Bayern nachgewiesen und ist inzwischen im gesamten Mitteleuropa verbreitet. Die Vorkommen von Organismen, die an kühlere Klimabedingungen angepasst sind, gingen hingegen oft zurück. Hierzu zählen vor allem alpin oder boreal-montan verbreitete Arten wie der Alpen-Perlmutterfalter (Boloria thore), die Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia rubicunda) oder die Alpine Gebirgsschrecke (Miramella alpina), die oft nur in sehr begrenztem Umfang auf die globale Erwärmung reagieren können. Entscheidend ist dabei auch der Einfluss der Landnutzung. Es ist beispielsweise sehr wahrscheinlich, dass eine Verbesserung der Gewässerqualität die positiven Bestandstrends vieler Libellenarten in den letzten Jahrzehnten begünstigt hat. Im Gegensatz dazu sind für viele spezialisierte Tagfalterarten aufgrund der Verschlechterung der Habitatqualität weiterhin Rückgänge zu verzeichnen. Da eine derartige Entwicklung auf lange Sicht zu einer zunehmenden Homogenisierung der Lebensgemeinschaften terrestrischer Ökosysteme führen könnte, sollten Maßnahmen für einen flächenwirksamen Insektenschutz verstärkt in zukünftige Naturschutzstrategien einbezogen werden.

  • Engelhardt, E. K., Biber, M. F., Dolek, M., Fartmann, T., Hochkirch, A., Leidinger, J., Löffler, F., Pinkert, S., Poniatowski, D., Voith, J., Winterholler, M., Zeuss, D., Bowler, D. E. & C. Hof (2022): Consistent signals of a warming climate in occupancy changes of three insect taxa over 40 years in central Europe. Global Change Biology 28: 3998–4012. doi: doi.org/10.1111/gcb.16200 (pdf)
  • Abschluss des länderübergreifenden Renaturierungsprojektes im Diemeltal

     Renaturierung Kalkmagerrasen
    In einer umfangreichen Broschüre werden die Maßnahmen und Ergebnisse des Renaturierungsprojekts zusammengefasst

    [19. Mai 2022] Das Diemeltal an der nordrhein-westfälisch-hessischen Landesgrenze ist geprägt von einem Netzwerk aus orchideen- und insektenreichen Kalkmagerrasen. Mit einer Flächenausdehnung von etwa 750 ha bilden sie das größte und bedeutsamste Kalkmagerrasengebiet in der nördlichen Hälfte Deutschlands. Aufgrund mangelnder Rentabilität wurde die Nutzung auf zahlreichen Flächen in den letzten Jahrzehnten jedoch aufgegeben. Dies führte zu einer raschen Verbuschung und damit einhergehend zur Verdrängung vieler licht- und wärmeliebender Tier- und Pflanzenarten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E) „Nachhaltige Renaturierung von Kalkmagerrasen in Zeiten des globalen Wandels“ initiiert. Ziel des Naturschutzprojektes war es, zahlreiche stark verbuschte Kalkmagerrasen mit innovativen und nachhaltigen Renaturierungsmaßnahmen wiederherzustellen und daraus wissenschaftliche Erkenntnisse zu ziehen, die Modellcharakter für die bundesweite Förderung der Arten- und insbesondere Insektenvielfalt haben. Nach einer Laufzeit von drei Jahren fand das Projekt nun einen erfolgreichen Abschluss. Im Rahmen einer Presseveranstaltung stellte Projektleiter Jürgen Düster gemeinsam mit Landrat Andreas Siebert (Landkreis Kassel) und den Projektpartnern Frank Grawe (Landschaftsstation im Kreis Höxter e.V.) und Prof. Dr. Thomas Fartmann (Universität Osnabrück) die Ergebnisse des Projektes den beteiligen Akteuren und der regionalen Presse vor: Innerhalb der letzten drei Jahre wurden im Diemeltal auf westfälischer und hessischer Seite rund 55 ha verbuschte Kalkmagerrasen freigestellt. Orchideen, Primeln, Thymian und viele andere Pflanzenarten haben jetzt wieder Licht zum Wachsen. Damit die Renaturierungsflächen in den nächsten Jahren nicht erneut zuwachsen, werden viele von ihnen extensiv mit Pferden, Rindern oder Schafen beweidet. Die bisherigen Ergebnisse der Renaturierung sowie viele interessante Hintergrundinformationen zur Region und zum Projekt wurden in einer umfangreich bebilderten Broschüre zusammengefasst. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes wird unsere Arbeitsgruppe die Entwicklung der Maßnahmenflächen noch bis Sommer 2024 beobachten und dann ein abschließendes Fazit hinsichtlich des Renaturierungserfolgs ziehen.

    Gefördert wurde das Projekt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie von den Ländern Hessen und Nordrhein-Westfalen.

    Mehr Infos zum Projekt sind auf unserer Projekthomepage abrufbar.

    Studie belegt hohe Bedeutung traditionell genutzter Allmendweiden für Heuschreckengemeinschaften

     Pseudochorthippus montanus
    Sumpfgrashüpfer (Pseudochorthippus montanus)

    [04. Mai 2022] Über Jahrhunderte waren Allmendweiden ein zentrales Element der europäischen Kulturlandschaft. Im Zuge der Industrialisierung verlor diese traditionelle Form der Beweidung jedoch zunehmend an Bedeutung. Nur in wenigen Regionen Mitteleuropas, z.B. im Süden Bayerns, konnten Allmendweiden überdauern. Die große Bedeutung dieser verbliebenen historischen Weidesysteme für den Schutz von gefährdeten Pflanzen-, Tagfalter- und Vogelarten sind bereits wissenschaftlich belegt; Erkenntnisse zu anderen Taxa fehlten dagegen bislang. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Insect Science publizierten Studie wurden Heuschreckengemeinschaften voralpiner Allmendweiden mit denen umgebender Offenlandhabitate verglichen. Während die Artenzahlen sich nicht unterschieden, waren die Individuendichten aller Heuschreckenarten und der gefährdeten Arten auf den Allmendweiden deutlich höher als in den Kontrollen. Besonders augenscheinlich war dieser Unterschied beim Grünland auf Mineralboden und in Niedermooren. Mit dem Sumpfgrashüpfer (Pseudochorthippus montanus) und der Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) kamen zwei gefährdete Arten schwerpunktmäßig auf den Allmendweiden vor. Die beweidungsbedingte strukturelle Heterogenität der Allmenden konnte als Schlüsselfaktor für die hohen Individuendichten der Heuschrecken identifiziert werden. Die Untersuchung belegt den hohen naturschutzfachlichen Wert der Allmendweiden. Die traditionelle Beweidung auf den verbliebenen Flächen sollte daher unbedingt aufrechterhalten und angrenzende Bereiche, wo möglich, in die Weiden integriert werden.

    Schwarz, C. & Fartmann, T. (2022): Traditional grazing management creates heterogeneous swards and fosters grasshopper densities. Insect Science. doi: doi.org//10.1111/1744-7917.13041 (pdf)

    Frühe Sukzessionsstadien fördern gefährdete Laufkäferarten in Bergheiden

    Cicindela campestris
    Feld-Sandlaufkäfer (Cicindela campestris)

    [22. April 2022] Heiden zählen zu den am stärksten gefährdeten Lebensraumtypen der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Nichtsdestotrotz sind empirische Studien zum Einfluss von Verjüngungs- und Renaturierungsmaßnahmen in Bergheiden bislang rar. In unserer aktuellen Arbeit im Rahmen des Projektes „Bergheide-Ökosysteme im Rothaargebirge“ haben wir die Langzeiteffekte derartiger Maßnahmen auf Laufkäfergemeinschaften untersucht. Das Rothaargebirge ist einer der letzten Verbreitungsschwerpunkte von Bergheiden in Mitteleuropa. Insgesamt haben wir vier unterschiedliche Sukzessionsstadien verglichen: 1. frühe Heidestadien, die durch Verjüngungsmaßnahmen entstanden sind, 2. renaturierte, mittelalte Heiden, 3. späte Heidestadien und 4. Windwürfe. Die Zusammensetzung der Laufkäfergemeinschaften unterschied sich deutlich entlang des Umweltgradienten. Von den frühen zu den späten Sukzessionsstadien nahmen die Biomasse, die Artenvielfalt an langflügeligen, gefährdeten und typischen Heidearten ab, während feuchte- und schattenliebende Taxa zunahmen. Die beiden frühesten Sukzessionsstadien wiesen die höchste Zahl an Indikatorarten auf. Insgesamt zeigt unsere Studie, dass Verjüngungs- und Renaturierungsmaßnahmen spezialisierte und gefährdete Laufkäferarten in Bergheiden fördern. Im Gegensatz dazu wiesen die beiden späteren Sukzessions-stadien vor allem ungefährdete Habitatgeneralisten auf. Die Vegetationsstruktur und das damit zusammenhängende Mikroklima waren die Schlüsselfaktoren, die für die beobachteten Muster verantwortlich waren. Für die langfristige Erhaltung der Bergheiden mit ihren spezialisierten Insektengemeinschaften empfehlen wir die mosaikartige Verjüngung der Heiden durch Plaggen und Schoppern in Abständen von mehr als zwei Jahrzehnten. Die Arbeit wurde durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Fartmann, T., Drung, M. & M. Freienstein (2022): Rejuvenation and restoration measures foster specialized and threatened carabid beetle species in montane heathland ecosystems. Insect Conservation and Diversity 15: 348–358. doi: doi.org/10.1111/icad.12560 (pdf)

    Steinbrüche sind wertvolle Refugien für eine ehemals weit verbreitete Tagfalterart

    Plebejus argus
    Argus-Bläuling (Plebejus argus)

    [31. Januar 2022] Lange Zeit wurden Steinbrüche mit Landschaftszerstörung und einem Verlust an Artenvielfalt gleichgesetzt. Erst seit Ende der 1990er-Jahre ist ihre Bedeutung für den Biodiversitätsschutz stärker in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift Insect Conservation and Diversity betont nun die große Bedeutung von Kalksteinbrüchen als Lebensraum für den Argus-Bläuling (Plebejus argus) auf der Briloner Hochfläche und im Diemeltal (Westfalen/Nordhessen). Die wärmeliebende Tagfalterart war bis Mitte des letzten Jahrhunderts in den Kalkmagerrasen des Untersuchungsgebietes weit verbreitet. Sie profitierte dort von der ehemals intensiven Beweidung, welche für eine lückige und kurzrasige Vegetationsstruktur sorgte. Mit dem Rückgang der Schafbeweidung verschwand die Art zunehmend aus den Kalkmagerrasen. Inzwischen befindet sich die Mehrheit der Populationen des Argus-Bläulings in den Steinbrüchen des Untersuchungsgebietes. Dort bieten die skelettreichen Böden ein warmes Mikroklima und gute Wuchsbedingungen für den Gewöhnlichen Hornklee (Lotus corniculatus), die Wirtspflanze des Falters. Die konkurrenzschwache Pflanze wird hier nicht so schnell von Gräsern und Sträuchern überwuchert. In stillgelegten Steinbrüchen führt die natürliche Sukzession über Jahrzehnte jedoch zu einer Verschlechterung der Habitatqualität. Selektive Entbuschung und Oberbodenabtrag sind dort effektive Managementmaßnahmen zur Wiederherstellung früher Sukzessionsstadien. Um das Vorkommen des Argus-Bläulings in den Kalkmagerrasen zu fördern, sollte zumindest in Teilbereichen eine saisonale Intensivierung der Beweidung durchgeführt werden.

    Die Ergebnisse der Studie wurden umfassend in der Fachzeitschrift Science, dem Anthropocene Magazine sowie dem Spektrum der Wissenschaft vorgestellt. Die Studie wurde durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) finanziert.

    Münsch, T. & T. Fartmann (2022): Limestone quarries are the most important refuge for a formerly widespread grassland butterfly. Insect Conservation and Diversity 15: 200 –212. doi: doi.org/10.1111/icad.12544 (pdf)

    Max Freienstein erhält Förderpreis für Forschung zu Libellen an Karpfenteichen

    Förderpreis Max Freienstein
    Max Freienstein (li.) erhält den Förderpreis der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz
    [25. Oktober 2021] Unser Mitarbeiter Max Freienstein wurde für seine Forschungstätigkeit im Rahmen seiner Masterarbeit mit dem der Förderpreis der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigt die Gesellschaft in Kooperation mit dem Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler/-innen zu Themen der Biodiversität oder Geodiversität in der Oberlausitz. In seiner Masterarbeit hat sich Max Freienstein mit der Bedeutung von Karpfenteichen für Libellengemeinschaften in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft auseinandergesetzt. Diese Region bildet das größte zusammenhängende Teichgebiet Mitteleuropas. Die herausragende Bedeutung dieser gewässerreichen Landschaft für den Artenschutz ist dabei in hohem Maße auf die extensive fischereiwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen. Während die frühere Intensivierung der Teichwirtschaft gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Gewässer hatte, zeichnet sich ein Großteil der Teiche heute wieder durch eine nachhaltige Bewirtschaftung aus. Gegenwärtig stellen die Aufgabe der Nutzung und Veränderungen des Wasserhaushalts infolge des Klimawandels die bedeutendsten Gefährdungsursachen für den Fortbestand der Biodiversität dar. In seinen Untersuchungen konnte Max Freienstein eine hohe Libellendiversität in Karpfenteichen nachweisen, welche vor allem auf das kleinräumige Nebeneinander unterschiedlicher Bewirtschaftungsformen und Habitatstrukturen zurückzuführen ist. Eine hohe Strukturvielfalt der Gewässer und eine kurze Dauer der Trockenphase nach dem Abfischen der Teiche konnten als Schlüsselfaktoren für artenreiche Libellengemeinschaften ermittelt werden. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Bedeutung der traditionellen Karpfenteichbewirtschaftung für den Erhalt der Biodiversität in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Der Fortbestand einer ökonomisch tragfähigen Teichwirtschaft erleichtert dabei die Umsetzung von Maßnahmen zur Optimierung des Habitatmanagements nach den Prinzipien des Vertragsnaturschutzes.

    Herzlichen Glückwunsch an Franz Löffler zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion

    Promotion Franz Löffler
    Franz Löffler nach der Disputation
    [12. Oktober 2021] Wir gratulieren unserem Mitarbeiter Dr. Franz Löffler ganz herzlich zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion. Die Dissertation mit dem Titel „Global warming meets habitat fragmentation – Challenges for biodiversity conservation in semi-natural grasslands“ beschäftigt sich intensiv mit den Wechselwirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf die Biodiversität von Grasland-Ökosystemen. Die umfangreichen Forschungsergebnisse des Promotionsvorhabens wurden in acht internationalen Fachartikeln publiziert. Der großflächige Verlust und die fortschreitende Fragmentierung des extensiv genutzten Graslands haben seit Mitte des 20. Jahrhunderts erheblich zum Rückgang der Artenvielfalt in Europa beigetragen. Infolge des rezenten Klimawandels treten Arealveränderungen und phänologischen Verschiebungen auf, welche die Situation für viele Arten des Graslands weiter verschärfen könnten. In seinen Studien konnte Franz Löffler die große Bedeutung der Habitatqualität, Flächengröße und Konnektivität der Lebensräume für den Fortbestand artenreicher Lebensgemeinschaften im Grasland belegen. Während sich das mitteleuropäische Verbreitungsgebiet vieler spezialisierter Arten des Graslands infolge tiefgreifender Landnutzungsänderungen drastisch verkleinert hat verdeutlichen die Ergebnisse der Dissertation, dass die Klimaerwärmung in den letzten 20 Jahren hierzulande zu einer Ausbreitung wärmliebender Heuschreckenarten geführt hat. Dies hat in den extensiv genutzten Grasland-Habitaten der Mittelgebirgsregionen gegenwärtig sogar eine Erhöhung der Heuschreckendiversität bewirkt. Großflächige Ausbreitungen waren jedoch zumeist auf mobile Arten beschränkt, die in der Lage sind die großen Distanzen zwischen den wenigen verbliebenen Lebensräumen zu überwinden. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass der Mangel geeigneter Lebensräume die Anpassungsfähigkeit weniger mobiler Arten an den Klimawandel stark limitiert. Auf lange Sicht könnte eine derartige Entwicklung zu gravierenden Veränderungen der Lebensgemeinschaften führen. Um die Anpassungskapazität von Arten gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen, ist es wichtig großflächig extensiv genutztes Grasland zu erhalten und den Biotopverbund zwischen den verbliebenen Habitaten zu fördern. Die Promotion wurde durch das Stipendienprogramm der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Neue Forschungsergebnisse zur Renaturierung von Bergheide-Ökosystemen

    Renaturierte Bergheide
    Bergheide 10 Jahre nach der Renaturierung

    [05. Oktober 2021] Bergheide-Ökosysteme sind wichtige Refugien für boreal-montan verbreitete Arten und haben eine herausragende Bedeutung für den Biodiversitätsschutz. Infolge der Aufgabe der traditionellen Heidewirtschaft, anschließender Aufforstung und atmosphärischer Stickstoffeinträge zählen montane Heiden heute europaweit zu den am stärksten gefährdeten Ökosystemen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projektes „Bergheide-Ökosysteme im Rothaargebirge: Optimierung von Management- und Renaturierungsmaßnahmen” wurden der Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen und die Auswirkungen verschiedener Verjüngungsmethoden auf die Phytodiversität beleuchtet. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind nun in zwei Artikeln in der Fachzeitschrift Ecological Engineering erschienen. In der ersten Studie konnte gezeigt werden, dass renaturierte Heiden 10 Jahre nach Durchführung der Renaturierungsmaßnahmen mehr Zielarten und einen höheren Anteil gefährdeter Arten als historische Bergheiden aufwiesen. Darüber hinaus zeichneten sich frühe Sukzessionsstadien, wie sie beispielsweise in verjüngten Bergheiden oder auf Skipisten vorkommen, durch eine hohe Bedeutung für die Phytodiversität, insbesondere für seltene Moos- und Flechtenarten, aus. Jedoch konnten bergheidetypische Zwergstrauchcharten aufgrund ihrer komplexen Keimungsökologie im Zuge der Renaturierung nur eingeschränkt etabliert werden. Eine zweite Studie belegt den positiven Effekt von Verjüngungsmaßnahmen auf die Pflanzenartenvielfalt in montanen Heiden. Das Entfernen des Oberbodens in Form des Plaggens oder des Schopperns führte zu einer Reduzierung des Nährstoffniveaus und spiegelte sich in einer höheren Phytodiversität der verjüngten Heideflächen wider. Während beide Methoden positive Auswirkungen auf die Gesamtdiversität hatten und auch die Deckung der Besenheide (Calluna vulgaris) erhöhten, hing die Verjüngung der bergheidetypischen Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) stärker vom Schoppern ab. Diese Ergebnisse unterstreichen die hohe Bedeutung eines heterogenen Habitatmanagements für den langfristigen Erhalt der Phytodiversität in Bergheide-Ökosystemen.

    Streitberger, M., Holtmann, L., Bültmann, H., Schmidt, C. & T. Fartmann (2021): Restoration and early successional stages of montane heathland promote phytodiversity. Ecological Engineering 169: 106294. doi: 10.1016/j.ecoleng.2021.106294

    Streitberger, M., Holtmann, L., Bültmann, H., Schmidt, C. & T. Fartmann (2021): Effects of montane heathland rejuvenation on phytodiversity depend on management intensity and succession. Ecological Engineering 168: 106292. doi: 10.1016/j.ecoleng.2021.106292

    Habitatverfügbarkeit und Klimaerwärmung bestimmen Veränderungen der Heuschreckenfauna

     Omocestus viridulus
    Bunter Grashüpfer (Omocestus viridulus)

    [19. August 2021] Landnutzungs- und Klimawandel stellen derzeit die größten Bedrohungen für die Biodiversität dar. Eine wichtige Rolle spielen dabei Lebensraumverluste durch die landwirtschaftliche Intensivierung. Die gestiegene Nachfrage nach Energie aus regenerativen Rohstoffen hat in Mitteleuropa zu einer großflächigen Ausweitung des Energiepflanzenanbaus geführt. Dies hatte vielerorts Habitatverluste zur Folge, die vor allem Grünlandökosysteme betreffen. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Agriculture, Ecosystems & Environment erschienenen Studie wurden nun die Auswirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf Heuschrecken in einer agrarisch geprägten Region im nordwestdeutschen Tiefland untersucht. Dazu wurde ein Vergleich der Heuschreckenfauna in Grünlandflächen und Saumstrukturen in den Jahren 1995 und 2012 angestellt. Obwohl nur ein relativ kurzer Zeitraum zwischen den beiden Erhebungen lag, konnten weitreichende Veränderungen in den Umweltbedingungen und Heuschreckengemeinschaften festgestellt werden. Im Gegensatz zu den Säumen konnten bei den Grünlandflächen massive Lebensraumverluste beobachtet werden. Mehr als ein Viertel aller untersuchten Grünlandflächen wurde in andere Biotoptypen umgewandelt, insbesondere zu Gunsten von Maisäckern zur Biomassenutzung. Darüber hinaus hat der Klimawandel im Untersuchungszeitraum zu einem signifikanten Anstieg der Sommertemperaturen geführt. Trotz des starken Verlustes von Grünlandflächen durch den Biomasseanbau hat sich die Heuschreckenartenzahl in den verbliebenen Habitaten erhöht. Insbesondere wärmeliebende Heuschreckenarten und Habitatgeneralisten konnten sich im Zuge des Klimawandels ausbreiten. Die Arealexpansionen dieser Arten wurden dabei wahrscheinlich durch die vergleichsweise hohe Konnektivität entlang der vorhandenen Saumstrukturen begünstigt. Die Studie belegt, dass die Habitatverfügbarkeit und die Erhöhung der Sommertemperaturen die treibenden Kräfte hinter den rezenten Veränderungen der Heuschreckenfauna sind. Aufgrund des fortschreitenden Habitatverlustes in intensiv genutzten und fragmentierten Landschaften erlangen Saumstrukturen nicht nur als Ausbreitungskorridore, sondern auch als Refugien für die Artenvielfalt eine immer größere Bedeutung.

    Fartmann, T., Poniatowski, D. & L. Holtmann (2021): Habitat availability and climate warming drive changes in the distribution of grassland grasshoppers. Agriculture, Ecosystems & Environment 320: 107565. doi: doi.org/10.1016/j.agee.2021.107565

    Neu erschienenes Fachbuch bündelt Wissen zum Insektensterben in Mitteleuropa

    Insect loss

    [23. Juni 2021] Das Insektensterben ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus der Wissenschaft und das öffentliche Bewusstsein gerückt. Seitdem wird intensiv über die Folgen dieser Entwicklung und ihre Ursachen diskutiert. Dabei handelt es sich beim Insektenrückgang um keine neuartige Entwicklung, sondern um einen langanhaltenden Prozess, der sich schon vor mehreren Jahrzehnten abgezeichnet hat. Die massivsten Rückgänge des Insektenartenreichtums und generell der Biodiversität in Mitteleuropa lassen sich für Agrarlandschaften dokumentieren. Insbesondere in Ackerflächen mussten seit Mitte des 20. Jahrhunderts dramatische Biodiversitätsverluste verzeichnet werden. Diese Entwicklung ist vor allem eine Folge der landwirtschaftlichen Intensivierung infolge der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik. Die bisherigen Erkenntnisse zu den komplexen Ursachen des Insektensterbens basieren auf einer Vielzahl von wissenschaftlichen Studien aus den letzten Jahrzehnten. Der Lebensraumverlust infolge des hohen Flächenverbrauchs, die intensive Landwirtschaft mit großflächigen Pestizideinsatz und der Klimawandel gelten als hauptverantwortlich für den zunehmenden Verlust der mitteleuropäischen Insektenartenvielfalt. Mit dem nun erschienenen Fachbuch „Insektensterben in Mitteleuropa – Ursachen und Gegenmaßnahmen” werden die vorliegenden Fakten zu den Ursachen des Insektensterbens systematisch gebündelt und auf die mitteleuropäischen Landschaftsräume bezogen. An zahlreichen Beispielen gefährdeter Arten werden die komplizierten Wirkungsgefüge beschrieben und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung in der Naturschutzpraxis vorgeschlagen. Um zukünftig einen flächenwirksamen Insektenschutz zu erreichen, sollten im Rahmen der europäischen Agrarpolitik biodiversitätsfördernde Maßnahmen verstärkt honoriert werden. Das Buch kann ab sofort über den Eugen Ulmer-Verlag erworben werden.

    Fartmann, T., Jedicke, E., Streitberger, M. & G. Stuhldreher (2021): Insektensterben in Mitteleuropa – Ursachen und Gegenmaßnahmen. Eugen Ulmer, Stuttgart. 303 S. Leseprobe

    Landnutzungsintensität bestimmt die Artenzusammensetzung von Heuschrecken

     Gomphocerippus rufus
    Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus)

    [20. Juni 2021] Ein wichtiges Instrument des Naturschutzes ist die Ausweisung von Hotspots der biologischen Vielfalt in Regionen, die sich durch einen außergewöhnlichen Arten- und Lebensraumreichtum auszeichnen. Durch umfangreiche Förderprogramme sollen sie gezielt weiterentwickelt, optimiert und ihr hoher naturschutzfachlicher Wert langfristig erhalten werden. Der Hotzenwald im Südschwarzwald ist Teil eines dieser Biodiversitäts-Hotspots in Deutschland. Noch heute werden weite Bereiche der Region von extensiv genutztem Grasland eingenommen, welches eine entscheidende Rolle für den Erhalt der mitteleuropäischen Biodiversität spielt. Allerdings stellt der gegenwärtige Landnutzungswandel eine erhebliche Gefährdung dieses artenreichen Lebensraumtyps dar. Eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift Agriculture, Ecosystems and Environment zeigt, dass die Artenzusammensetzung von Heuschreckengemeinschaften entscheidend von der Landnutzungsintensität im Grasland abhängt. Über einen langen Bodenfeuchtegradienten hinweg war die Artenvielfalt bei geringer bis mittlerer Landnutzungsintensität am höchsten. An den beiden Enden des Landnutzungsgradienten, also sowohl bei ausbleibender als auch bei sehr intensiver Nutzung, wies das Grasland monotone Habitatbedingungen und einen geringen Artenreichtum auf. Dabei reagierten gefährdete Arten besonders empfindlich. Die Studie zeigt, dass der Erhalt der Biodiversität in mitteleuropäischen Graslandsystemen entscheidend von der Fort- und Wiedereinführung extensiver Nutzungsformen abhängt. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei großflächigen Weidesystemen mit geringen Besatzdichten zu. Auf frischen Standorten sind zudem extensive Mähwiesen mit rotierendem Bracheanteil eine Option für den Naturschutz. Die Studie wurde durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Fumy, F., Kämpfer, S. & T. Fartmann (2021): Land-use intensity determines grassland Orthoptera assemblage composition across a moisture gradient. Agriculture, Ecosystems and Environment 315: 107424. doi: doi.org/10.1016/j.agee.2021.107424

    Lösungen für den Schutz einer europaweit bedrohten Tagfalterart

    Lycaena helle
    Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)

    [08. Juni 2021] Aufgrund ihrer hohen Sensitivität gegenüber Umwelteinflüssen gelten Tagfalter als hervorragende Indikatoren für die Auswirkungen des globalen Wandels. Der Blauschillernde Feuerfalter (Lycaena helle) ist eine europaweit gefährdete Tagfalterart, die in Deutschland nur noch auf wenige isolierte Reliktpopulationen beschränkt ist. Die Art ist an ein kühles Klima angepasst und lebt in extensiv genutzten oder brachliegenden Feuchtwiesen. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Insect Conservation & Diversity weisen darauf hin, dass der Erhaltungszustand der Art in einem der letzten Refugien in der Eifel allgemein schlecht ist. Die Vorkommen beschränkten sich zumeist auf kleinflächige Feuchtwiesen in Talniederungen. Da diese häufig nur schwer zu bewirtschaften sind, wurde die traditionelle Nutzung in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts eingestellt. Während ein kurzfristiges Brachfallen des Feuchtgraslandes zu einer Zunahme der Art führen kann, hat eine langfristige Aufgabe der Landnutzung zwangsläufig den Verlust geeigneter Lebensraumstrukturen zur Folge. In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass sich eine gute Vernetzung, eine ausreichende Größe und eine günstige Habitatqualität positiv auf das Vorkommen der Art auswirken. Der Falter war vor allem im Feuchtgrasland in tief eingeschnittenen Tälern in den höchsten Lagen des Untersuchungsgebiets anzutreffen. Die besiedelten Habitate zeichneten sich durch eine hohe Deckung des Schlangenknöterichs, der Raupennahrungspflanze der Art, und das Vorhandensein sommerwarmer Mikrohabitate aus, die eine schnelle Entwicklung der Raupen begünstigen. Im Gegensatz dazu wiesen sie ein kühleres Winterklima auf, die sich positiv auf die Überlebensrate der überwinternden Schmetterlingspuppen auswirken. Um die Habitateignung des Feuchtgraslands nachhaltig zu sichern, sollte in brachliegenden Lebensräumen eine periodische, extensive Landnutzung wieder aufgenommen und verstetigt werden. Darüber hinaus könnte eine Verbesserung des Biotopverbunds in klimatisch geeigneten Talsystemen die Anpassungsfähigkeit der Art an den Klimawandel erhöhen. Die Studie wurde durch zwei Promotionsstipendien der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert.

    Scherer, G., Löffler, F. & T. Fartmann (2021): Abandonment of traditional land use and climate change threaten the survival of an endangered relict butterfly species. Insect Conservation and Diversity 14: 556–567. doi: doi.org/10.1111/icad.12485 (pdf)

    Große Bedeutung von ausgeprägten Schneefeldern und extensiver Beweidung für gefährdete Ringdrossel

    Turdus torquatus alpestris
    Ringdrossel (Turdus torquatus alpestris)

    [17. Mai 2021] In Mitteleuropa ist die herausragende Biodiversität in Gebirgsregionen durch den überproportional ausgeprägten Klimawandel und den voranschreitenden Landnutzungswandel stark gefährdet. Arten mit ausschließlich montaner Verbreitung sind von dieser Entwicklung besonders betroffen. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe ist die Ringdrossel, die in Mitteleuropa neben den Alpen die Hochlagen der Mittelgebirge besiedelt. Dort ist es ihr nicht möglich, durch eine Verlagerung des Verbreitungsgebiets in die Höhe auf die Klimaerwärmung zu reagieren. Das bedeutendste außeralpine Vorkommen in Deutschland findet sich im Südschwarzwald. Eine aktuelle Veröffentlichung in der Fachzeitschrift IBIS identifiziert Schlüsselfaktoren, die dort die Nahrungsverfügbarkeit während der wichtigen Brut- und Nestlingszeit maßgeblich beeinflussen. Frisch ausgeaperte Bereiche sind optimale Nahrungshabitate für die Ringdrossel. Durch die sprunghafte Erwärmung des Bodens sind dort die Aktivität und Dichte an Nahrungstieren in Oberflächennähe hoch. Gleichzeitig sind diese im durchfeuchteten, weichen Boden gut zu erbeuten. Die Ringdrossel ist daher auf mächtige Schneefelder angewiesen, die bis weit in den Frühsommer allmählich abtauen. Zudem weisen großflächige extensive Rinderweiden bei ausreichendem Beweidungsdruck regelmäßig Bereiche mit kurzwüchsiger, lückiger Vegetation und nennenswerten Offenbodenanteilen auf. Die Nahrungserreichbarkeit ist in diesen Bereichen für Bodenjäger wie die Ringdrossel besonders gut. Das wichtigste Instrument zur aktiven Förderung der Ringdrossel ist daher die Aufrechterhaltung und Wiedereinführung großflächiger, extensiver Weidewirtschaft mit Rindern. Dabei sollten Maßnahmen zum Erhalt der Ringdrosselpopulation im Schwarzwald vorrangig in Gebieten mit langer Schneebedeckungsdauer durchgeführt werden. Die Studie wurde durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Fumy, F. & T. Fartmann (2021): Climate and land-use change drive habitat loss in a mountain bird species. Ibis 163: 1189–1206. doi: doi.org/10.1111/ibi.12954 (pdf)

    Entbuschung verbrachter Kalkmagerrasen fördert die Artenvielfalt von Zikaden

    Adarrus multinotatus
    Gemeine Zwenkenzirpe (Adarrus multinotatus)

    [30. April 2021] Kalkmagerrasen sind durch jahrhundertelange menschliche Nutzung entstanden und auf regelmäßige Pflegemaßnahmen angewiesen. Bleiben diese aus, kommt es meist rasch zur Ausbreitung weniger, konkurrenzstarker Gras- und Straucharten und einer starken Artenverarmung der Flächen. Diesem negativen Trend wird zunehmend durch Maßnahmen zur Renaturierung von Kalkmagerrasen begegnet. Typische Renaturierungsmethoden sind das maschinelle Entfernen von Gehölzen und die anschließende Wiederaufnahme einer extensiven Beweidung oder Mahd. In einer jüngst in der Fachzeitschrift Biological Conservation publizierten Studie wurden Zikaden als Bioindikatoren genutzt, um Entbuschungsmaßnahmen auf stark verbrachten Kalkmagerrasen zu evaluieren. Zikaden gelten als wichtige Primärkonsumenten und eigen sich aufgrund ihrer geringen Raumansprüche auch auf kleineren Flächen hervorragend für naturschutzfachliche Bewertungen. Die Ergebnisse der Studie belegen die biodiversitätsfördernde Wirkung der Renaturierungsmaßnahmen. Drei bis acht Jahre nach der Durchführung der Entbuschungen waren die Flächen von zahlreichen Zikadenarten besiedelt. Diese setzten sich aus Habitatgeneralisten, Saumarten und typischen Kalkmagerrasenarten zusammen. Die untersuchten Freistellungflächen bilden einen eigenen Strukturtyp innerhalb der Kalkmagerrasen-Komplexe und bieten vor allem solchen Arten einen Lebensraum, die sich bevorzugt in einer ausgeprägten Krautschicht aufhalten. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der regelmäßige Nachweis der Majoranblattzikade (Eupteryx origani). Die wärmeliebende Art gilt in Deutschland als stark gefährdet. Zur Förderung einer hohen Artenvielfalt sollten einerseits die vorhandenen Kalkmagerrasen weiterhin traditionell bewirtschaftet werden und andererseits Gebüsche kleinflächig im Rotationsverfahren auf den Stock gesetzt werden. Die Studie wurde durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert.

    Helbing, F., Fartmann, T. & D. Poniatowski (2021): Restoration measures foster biodiversity of important primary consumers within calcareous grasslands. Biological Conservation 256: 109058. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2021.109058

    Traditionelle Grünlandnutzung fördert stark gefährdete Tagfalterart

    Minois dryas
    Blaukernauge (Minois dryas)

    [08. März 2021] Die anhaltende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung auf produktiven Böden sowie die Nutzungsaufgabe auf Grenzertragsstandorten haben in Mitteleuropa erheblich zum Verlust der Biodiversität beigetragen. Extensiv genutzte Graslandbiotope und deren charakteristische Lebensgemeinschaften sind in ihrem Fortbestand zunehmend bedroht und liegen inzwischen zumeist isoliert in einer ansonsten intensiv genutzten Landschaft. Das Blaukernauge (Minois dryas) ist eine in Deutschland historisch weit verbreitete Tagfalterart, die im Zuge des Landnutzungswandels massive Bestandsrückgänge hinnehmen musste und heute stark gefährdet ist. Eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift Journal of Insect Conservation stellt nun die große Bedeutung traditioneller Grünlandnutzung für die Art heraus. Untersucht wurden Allmendweiden des südbayerischen Voralpinen Hügel- und Moorlandes, die durch eine jahrhundertelange Beweidung mit geringen Besatzdichten und eine daraus resultierende hohe Artenvielfalt geprägt sind. Auf der Grundlage verschiedener Umweltfaktoren wurden sie mit Brachflächen, einschürigen Streuwiesen und Intensivwiesen verglichen. Die Ergebnisse der Studie belegen eine deutliche Präferenz des Blaukernauges für die beiden extensiv bewirtschafteten Habitattypen, Allmendweiden und Streuwiesen. Demgegenüber wurden in den Brachen und Intensivwiesen deutlich geringere Abundanzwerte erreicht. Für das Vorkommen des Falters konnten zudem eine ausgeprägte Feldschicht mit einem hohen Anteil an Nektarquellen und eine hohe Seggendeckung als entscheidende Faktoren ermittelt werden. Seggen spielen eine wichtige Rollte als Wirtspflanzen für die Art. Die Untersuchung zeigt, dass die traditionelle Nutzung der Allmendweiden und Streuwiesen zur Förderung des Blaukernauges aufrechterhalten werden sollte. Zudem wird empfohlen, an die besiedelten Habitate angrenzende Brachflächen möglichst wieder in extensive Nutzungsformen einzubeziehen.

    Schwarz, C. & T. Fartmann (2021): Conservation of a strongly declining butterfly species depends on traditionally managed grasslands. Journal of Insect Conservation 25: 255–271. doi: doi.org/10.1007/s10841-020-00288-2 (pdf)

    Bingo-Umweltstiftung fördert Projekt zur Optimierung des Brachvogelschutzes

    Brachvogel
    Brachvogel (Numenius arquata)

    [18. Januar 2021] Die Vogelarten der Agrarlandschaft gelten weltweit als eine der am stärksten gefährdeten Artengruppen. Die Hauptursache hierfür ist der großflächige Wandel von der traditionellen hin zu einer industrialisierten Landwirtschaft. Die Abnahme der Brachvogelbestände in Deutschland steht exemplarisch für diese dramatische Entwicklung. Moore und Heiden bildeten die ursprünglichen Habitate des Brachvogels im mitteleuropäischen Binnenland. Mit zunehmender Zerstörung dieser Lebensräume zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand die Art zunächst in landwirtschaftlich extensiv genutztem Feuchtgrünland ein geeignetes alternatives Bruthabitat. Durch die fortwährende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung haben die Brachvogelpopulationen Mitteleuropas in den letzten Jahrzehnten jedoch massive Bestandseinbrüche erlitten. Folglich ist die Art heute bundesweit vom Aussterben bedroht. Um die Effektivität von Schutzmaßnahmen zu verbessern und weitere Bestandsverluste zukünftig zu vermeiden, fördert die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung mit Mitteln des Emsfonds ein Forschungsvorhaben zu den Lebensraumansprüchen des Brachvogels im nordwestdeutschen Tiefland. In Kooperation mit dem Institute for Waterbird and Wetlands Research werden wir in dem dreijährigen Vorhaben umfassende Daten zur Habitatwahl des Brachvogels in den nordwestdeutschen Brutgebieten erheben. Dazu werden im gesamten niedersächsischen Brutgebiet 50 Vögel mit GPS-Sendern ausgestattet, über welche die Raumnutzung der Brachvögel zur Brutzeit detailliert nachvollzogen werden kann. Diese Daten bilden die Grundlage, den wissenschaftlichen Kenntnisstand über die Lebensraumansprüche und Rückgangsursachen der Art zu verbessern. Gleichzeitig sollen in der Vergangenheit durchgeführte Schutzmaßnahmen im Rahmen des Vorhabens evaluiert und aufbauend auf den neu gewonnenen Erkenntnissen weiterentwickelt werden. Neben den Mitteln aus dem Emsfonds wird das Vorhaben durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz und zahlreiche Landkreise in Niedersachsen finanziell unterstützt.

    Insektenfauna im Wandel: Studie analysiert Arealveränderungen von Heuschrecken

    Psophus stridulus
    Rotflügelige Schnarrschrecke (Psophus stridulus)

    [28. Oktober 2020] Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass die Insektenbestände in den zurückliegenden Jahrzehnten global stark abgenommen haben. Der Fokus dieser Studien lag vor allem darauf, das Gesamtausmaß des Insektenrückgangs zu quantifizieren. Jedoch sind regional und artengruppenspezifisch unterschiedliche Reaktionsmuster zu erwarten. In einer aktuell erschienenen Studie in der Fachzeitschrift Global Ecology and Biogeography wurden nun Arealveränderungen mitteleuropäischer Heuschrecken auf bundesweiter Ebene analysiert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich das Verbreitungsgebiet vieler Arten im Laufe des 20. Jahrhunderts drastisch verkleinert hat. Folglich sind ihre Vorkommen heute auf wenige verbliebene Habitatfragmente beschränkt. Im Gegensatz dazu konnten in den letzten 20 Jahren für eine ganze Reihe von Arten positive Verbreitungstrends festgestellt werden. Die gegensätzlichen Trends sind insbesondere auf die veränderten Einflüsse des Landnutzungs- und Klimawandels zurückzuführen. Vor allem spezialisierte Arten, die auf eine extensive Landnutzung angewiesen sind, haben bedingt durch tiefgreifende landwirtschaftliche Veränderungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter großflächigen Lebensraumverlusten gelitten. Im Gegensatz dazu ist die aktuelle Ausbreitung wärmeliebender, mobiler Heuschreckenarten eine Folge des zunehmenden Einflusses des Klimawandels. Bei einer Fortsetzung des gegenwärtigen Klimatrends sind jedoch zukünftig negative Auswirkungen, insbesondere auf alpine und trockenheitsempfindliche Arten, zu erwarten. Deshalb ist es von essenzieller Bedeutung, frühzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die die Anpassungskapazität der Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel erhöhen und dazu beitragen die Insektenvielfalt Mitteleuropas langfristig zu bewahren. Der Fokus sollte darauf liegen, extensiv genutzte Lebensräume großflächig zu erhalten und den Biotopverbund zu fördern. Um die Effizienz dieser Maßnahmen zu evaluieren und Arealveränderungen zukünftig noch besser zu dokumentieren, muss ein langfristiges Monitoring aufgebaut werden.

    Poniatowski, D., Beckmann, C., Löffler, F., Münsch, T., Helbing, F., Samways, M.J. & T. Fartmann (2020): Relative impacts of land-use and climate change on grasshopper range shifts have changed over time. Global Ecology and Biogeography 29: 2190–2202. doi: doi.org/10.1111/geb.13188 (pdf)

    »Pressemitteilung der Universität Osnabrück

    Neues Fachbuch führt Grundlagen für die praktische Umsetzung des Artenschutzes zusammen

    Renaturierungsflaeche
    Zauneidechse (Lacerta agilis)

    [01. Oktober 2020] Der Rückgang der Biodiversität hat weltweit ein dramatisches Ausmaß erreicht. Insbesondere die direkte Zerstörung von Lebensräumen sowie die Übernutzung von Ökosystemen, verbunden mit massiven Einträgen von Nährstoffen und Pestiziden, führen seit Jahrzehnten zu hohen Aussterberaten und zur stetigen Verschlechterung des Erhaltungszustandes vieler Populationen. Darüber hinaus verschärft der Klimawandel die kritische Situation zahlreicher Arten. Diese zu schützen und ihre Populationen aktiv zu entwickeln, ist daher dringender denn je. Allerdings polarisiert der praktische Artenschutz sowohl die Fachwelt als auch die Gesellschaft und ist häufig begleitet von Unsicherheiten und Vorbehalten. In einem kürzlich im Ulmer Verlag erschienenen Fachbuch von Jürgen Trautner werden nun Definitionen, Rahmenbedingungen und Ziele sowie relevante Richtlinien und gesetzliche Grundlagen des Artenschutzes zusammengeführt. Ziel des Buches ist es, zu einer Stärkung und verbesserten Umsetzung des Artenschutzes im Zuge der Realisierung von Projekten und Maßnahmen in Mitteleuropa beizutragen. Es werden die gängigen Konzepte erläutert und alle wichtigen juristischen und fachlichen Begriffe sowie deren Auslegung durch Behörden und Gerichte beschrieben. Die fachlichen und rechtlichen Grundlagen des Buches werden durch 15 beispielhafte Darstellungen erfolgreicher Umsetzungen von Artenschutzmaßnahmen veranschaulicht. Auf der Grundlage von wissenschaftlichen Studien konnte die Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie der Universität Osnabrück zwei dieser Praxisbeispiele beisteuern. So wurde zum einen der Erfolg von Entbuschungsmaßnahmen brachliegender Kalkmagerrasen zur Förderung des Kreuzdorn-Zipfelfalters (Satyrium spini) evaluiert. Zum anderen wurden Wiedervernässungs­maßnahmen degradierter Hochmoore zur Revitalisierung des Torfaufwuchses beleuchtet, in deren Zuge neue Fortpflanzungsgewässer für die Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica) entstanden sind.

    Trautner, J. (2020): Artenschutz – Rechtliche Pflichten, fachliche Konzepte, Umsetzung in der Praxis. Eugen Ulmer, Stuttgart, 320 S.

    Praxisbeispiele: Helbing, F., Cornils, N., Stuhldreher, G. & Fartmann, T. (2020): Habitatmanagement für einen strauchbewohnenden Tagfalter.

    Münsch, T., Liebel, H., Kraus, W. & Fartmann, T. (2020): Fortpflanzungsgewässer für die Arktische Smaragdlibelle.

    Arthropodenübertrag mittels Motorsauger: Studie testet Eignung für Renaturierungsmaßnahmen

    Renaturierungsflaeche
    Motorsauger im Einsatz

    [29. Juli 2020] Die Renaturierung von Lebensräumen ist in den letzten Jahrzehnten verstärkt in das Interesse von Wissenschaft und Naturschutzpraxis gerückt. Die Übertragung von Arthropoden zur Wiederherstellung charakteristischer Lebensgemeinschaften stand bislang jedoch nicht im Fokus der Renaturierungsökologie. Häufig wird angenommen, dass sich artenreiche Tiergemeinschaften wiedereinstellen werden, wenn sich die lebensraumtypische Vegetation etabliert hat. In stark fragmentierten Landschaften ist eine eigenständige Wiederbesiedelung der Lebensräume aber häufig nicht möglich. Insbesondere wenig mobile Arten sind oftmals nicht in der Lage, stark isolierte Habitatinseln zu erreichen. Abhilfe kann ein Arthropodenübertrag schaffen. Eine geeignete Methode zur Erfassung von Arthropoden ist die Verwendung eines modifizierten Laubsaugers. Der Vorteil im Vergleich zum Kescherfang liegt darin, dass mit vergleichsweise geringem Aufwand eine hohe Anzahl an Individuen erfasst werden kann. Es ist allerdings davon auszugehen, dass ein Teil der gefangenen Tiere durch den Einsatz des Motorsaugers abstirbt. Bislang gibt es hierzu aber keine Erfahrungen. Um dieses Wissensdefizit zu beheben, wurde eine durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderte Studie durchgeführt, die nun in der Fachzeitschrift Entomologia Experimentalis et Applicata publiziert wurde. Sie zeigt, dass die Sterblichkeit der untersuchten Taxa generell gering war (9 %). Allerdings war die Überlebensrate von der Hälterungszeit, den Hälterungsbedingungen und der Artengruppe abhängig. So überlebten nahezu alle der gefangenen Käfer und Wanzen die Prozedur. Demgegenüber wiesen Spinnen und Zikaden eine deutlich höhere Sterblichkeit auf. Die Mortalität stieg mit zunehmender Hälterungszeit an und konnte durch die Verwendung einer Kühlbox etwas gesenkt werden. Die Ergebnisse der Studie belegen die Eignung des Motorsauger-Einsatzes als Mittel für den Arthropodenübertrag im Zuge von Renaturierungsmaßnahmen. Um die Sterblichkeit der sensiblen Artengruppen zu reduzieren, wird die Verwendung einer Kühlbox empfohlen. Zudem sollten die gefangenen Tiere möglichst zeitnah nach der Probennahme auf die Renaturierungsflächen übertragen werden.

    Helbing, F., Fartmann, T. & Poniatowski, D. (2020): Suction samplers are a valuable tool to sample arthropod assemblages for conservation translocation. Entomologia Experimentalis et Applicata 168: 688–694. doi: doi.org/10.1111/eea.12952 (pdf)

    Neues Forschungsprojekt zum nachhaltigen Management von Kalkmagerrasen im Kaiserstuhl

    Renaturierungsflaeche
    Kalkmagerrasen mit Altgrasstreifen im Kaiserstuhl

    [02. Juli, 2020] Kalkmagerrasen sind durch eine hohe Biodiversität gekennzeichnet und zählen aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Artenschutz zu den prioritären Lebensraumtypen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Da sie durch jahrhundertelange extensive Landnutzung entstanden sind, ist der Fortbestand artenreicher Kalkmagerrasen auf regelmäßige Pflegemaßnahmen angewiesen. In Zeiten von Landnutzungs- und Klimawandel ist es jedoch schwierig abzuschätzen, welche Varianten des Habitatmanagements den größten Erfolg erzielen. Bisher fehlen wissenschaftliche Studien, die die Auswirkungen verschiedener Managementmaßnahmen zum Erhalt der Biodiversität unter den veränderten Bedingungen des globalen Wandels in Kalkmagerrasen vergleichend evaluieren. Zu diesem Zweck fördert die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg ein neues Forschungsprojekt im Kaiserstuhl. Das Vulkangebirge, das aufgrund seiner besonderen geographischen Lage im Oberrheingraben und somit im Regenschatten der Vogesen thermisch stark begünstigt ist, zeichnet sich durch eine außergewöhnlich artenreiche Fauna und Flora in großflächigen, national bedeutsamen Kalkmagerrasen aus. Seit vielen Jahren wird im Untersuchungsgebiet ein breitgefächertes Habitatmanagement in den Kalkmagerrasen praktiziert, um den negativen Auswirkungen von Nutzungsaufgabe, Klimawandel und Stickstoffeinträgen auf die Lebensgemeinschaften zu begegnen. Gemeinsam mit der ABL – Arten Biotope Landschaft – Bürogemeinschaft für Landschaftsökologie in Freiburg werden wir auf der Grundlage von umfangreichen Erhebungen am Kaiserstuhl etablierte Pflegemaßnahmen evaluieren und wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen zum biodiversitätsfördernden und nachhaltigen Management von Kalkmagerrasen erarbeiten. Anhand von verschiedenen Artengruppen, wie Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Laufkäfern und Tagfaltern/Widderchen, die allesamt als exzellente Indikatoren für die Habitatqualität von Kalkmagerrasen gelten, werden während der zweijährigen Projektlaufzeit die Auswirkungen von sieben Varianten des Habitatmanagements auf vorhandene Biodiversitätsmuster miteinander verglichen. Die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sollen durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene vermittelt werden.

    Aussterbeschuld in Kalkmagerrasen: Studie liefert Hinweise für zeitverzögertes Artensterben

    Renaturierungsflaeche
    Großflächiger Kalkmagerrasen in der Eifel

    [29. Juni 2020] Infolge des Landnutzungswandels haben die europäischen Kalkmagerrasen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts erhebliche Flächenverluste erlitten. Obwohl sie seit der Einführung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im Jahr 1992 europaweit geschützt sind, ist der Fortbestand der Biodiversität in Kalkmagerrasen vielerorts weiterhin gefährdet. Es gibt vermehrt wissenschaftliche Belege dafür, dass Arten verschiedener taxonomischer Gruppen zeitverzögert auf Habitatfragmentierung reagieren. Dieses Phänomen wird als „Aussterbeschuld“ bezeichnet und stellt Naturschutzpraktiker vor neue Herausforderungen. In einer aktuellen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Biological Conservation wurde untersucht, ob die rezente Artenvielfalt von Pflanzen, Tagfaltern und Heuschrecken besser durch historische oder aktuelle Landschaftsbedingungen in Kalkmagerrasen erklärt wird. In der Studie konnte gezeigt werden, dass die Flächengröße und die Konnektivität der untersuchten Habitatfragmente in der Eifel zwischen 1970 und 1990 stark abgenommen haben, wohingegen sich die Habitatfragmentierung in den zurückliegenden 30 Jahren deutlich verlangsamt hat. Dennoch konnten zwischen der heutigen Pflanzen- und Tagfalterdiversität und der historischen Flächengröße/Konnektivität der Habitate stärkere Zusammenhänge ermittelt werden als es unter Einbeziehung aktueller Landschaftsbedingungen der Fall war. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass zahlreiche Arten, trotz des aktuell guten Erhaltungszustands, der Kalkmagerrasen im Untersuchungsgebiet verspätet aussterben könnten. Es kann weiterhin davon ausgegangen werden, dass die Artenvielfalt ohne die intensivierten Schutzbemühungen seit Beginn der 1990er-Jahre bereits jetzt auf einem deutlich niedrigeren Niveau wäre. Im Gegensatz zu Pflanzen und Tagfaltern scheint das Vorkommen artenreicher Heuschreckengemeinschaften etwas weniger sensibel gegenüber der Habitatfragmentierung zu sein und eher von einer hohen Habitatqualität abzuhängen. Um einen zukünftigen Rückgang der Artenvielfalt in Kalkmagerrasen zu verhindern, sollten großflächige Habitate durch den Erhalt einer traditionellen Landnutzung gefördert werden. Darüber hinaus können Renaturierungsmaßnahmen dazu beitragen, die Ausbreitung von Arten und den Fortbestand der Biodiversität der Kalkmagerrasen langfristig sicherzusetellen. Die Studie wurde durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Löffler, F., Poniatowski, D. & Fartmann, T. (2020): Extinction debt across three taxa in well-connected calcareous grasslands. Biological Conservation 246: 108588. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2020.108588

    Renaturierung von Kalkmagerrasen: Frühe Sukzessionsstadien fördern die Biodiversität

    Renaturierungsflaeche
    Artenreiche Renaturierungsfläche

    [25. Mai 2020] Die Aufgabe traditioneller Landnutzungsformen führt häufig zur Ausbreitung weniger, konkurrenzstarker Grasarten und einer starken Verbuschung von Flächen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und den Erhaltungszustand von Graslandhabitaten zu verbessern, werden daher zunehmend Renaturierungsprojekte initiiert. Im Kontext des E+E-Vorhabens „Nachhaltige Renaturierung von Kalkmagerrasen in Zeiten des globalen Wandels: Artenschutz und Ökonomie im Einklang“ (gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz – BfN mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit – BMU) wurden bereits durchgeführte Entbuschungsmaßnahmen auf brachliegenden Kalkmagerrasen umfassend evaluiert. Die Ergebnisse der in der Fachzeitschrift Ecological Engineering veröffentlichten Studie verdeutlichen, dass die Entbuschungsflächen auf vielfältige Weise eine Bereicherung für die Biodiversität der Kalkmagerrasen-Komplexe darstellen. So tragen sie unter anderem zu einer höheren Habitatheterogenität bei, die als Schlüsselfaktor für eine hohe Artenvielfalt angesehen wird. Entbuschungsflächen mit ihrer relativ hohen und dichten Vegetation sind aber auch aus Sicht des Klimawandels ein Gewinn, da sie aufgrund des kühleren Mikroklimas dürreempfindlichen Arten Ausweichmöglichkeiten bieten. Bemerkenswert sind zudem die Vorkommen einiger seltener Pflanzenarten wie dem Deutschen Ziest (Stachys germanica) sowie der hohe Anteil an Pollenquellen für spezialisierte Wildbienenarten und Wirtspflanzen für Zikaden- und Tagfalterarten. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich zukünftige Entbuschungsmaßnahmen möglichst auf flachgründige, aber nicht zu steile Hänge konzentrieren sollten. Vorteilhaft sind geringe Nährstoffgehalte und eine gute Besonnung. Auf derartigen Standorten sind die Chancen am größten, dass sich typische Kalkmagerrasenarten und charakteristische Arten der wärmeliebenden Säume ansiedeln und langfristig etablieren können.

    Poniatowski, D., Stuhldreher, G., Helbing, F., Hamer, U. & Fartmann, T. (2020): Restoration of calcareous grasslands: The early successional stage promotes biodiversity. Ecological Engineering 151: 105858. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2020.105858

    Studie zeigt Lösungsansätze für den globalen Insektenschutz auf

    warzenbeißer
    Ackerhummel (Bombus pascuorum)

    [11. Mai 2020] Insekten spielen weltweit eine herausragende Rolle für die Funktionalität von Ökosystemen. Zudem erfüllen sie wichtige Ökosystemdienstleistungen, wie die Bestäubung von Pflanzen oder die Selbstreinigung von Gewässern. Obwohl die Bemühungen des Naturschutzes in den letzten Jahrzehenten vielerorts intensiviert wurden, hat das globale Insektensterben dramatische Ausmaße angenommen. In einer jüngst in der Fachzeitschrift Biological Conservation veröffentlichten Studie stellt ein internationales Team aus 27 Wissenschaftler/-innen unter Beteiligung von Prof. Dr. Thomas Fartmann Strategien und globale Lösungsansätze vor, die dabei helfen können, dem fortwährenden Insektenrückgang entgegenzuwirken. Der Maßnahmenkatalog umfasst Handlungsvorschläge für Wälder, Offenlandhabitate, Süßgewässer, Agrarlandschaften sowie urbane Lebensräume. Generell ist es unerlässlich, die zeitliche und räumliche Heterogenität von Landschaften zu erhöhen. Strukturreiche Lebensräume müssen erhalten und besser vernetzt werden. Dabei sollte großflächig eine nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft betrieben und eine bessere Regulation und Prävention von Umweltrisiken gewährleistet werden. Zudem sollte der Wert von Insekten für die Menschheit in den Medien und der Schulbildung verstärkt kommuniziert werden. Umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit, sowie ein verstärktes Einbinden von Citizen Science-Projekten könnten dabei helfen, Vorbehalte gegenüber Insekten abzubauen um die Akzeptanz von Schutzmaßnahmen in der Gesellschaft zu erhöhen. Erfolge von Maßnahmen können nur durch geeignete Monitoring-Programme evaluiert werden. Diese sollten weltweit ausgeweitet werden. Globale Datenbanken und eine verbesserte Vernetzung von Akteuren aus der Wissenschaft und Naturschutzpraxis können die internationale Zusammenarbeit im Insektenschutz entscheidend fördern.

    Samways, M.J., Barton, P.S., Birkhofer, K., Chichorro, F., Deacon, C., Fartmann, T. et al. (2020): Solutions for humanity on how to conserve insects. Biological Conservation 242: 108427. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2020.108427

    Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols:
    2. Auflage des erfolgreichen Feldführers erschienen

    warzenbeißer
    Warzenbeißer (Decticus verrucivorus)

    [01. April 2020] Heuschrecken sind vorwiegend herbivore Insekten, die eine enge Bindung an ihre Lebensräume aufweisen und zudem eine bedeutende Nahrungsquelle für Wirbeltiere und räuberische Arthropoden darstellen. Weiterhin gelten sie als hervorragende Bioindikatoren, die aufgrund des sehr guten ökologischen Kenntnisstandes und der standardisierbaren Erfassungsmethoden optimal für naturschutzfachliche Bewertungen geeignet sind. Die Vermittlung von Artenkenntnis sowie die kontinuierliche Erhebung umfassender Daten bedürfen aktueller und praxistauglicher Bestimmungsliteratur. Im Jahr 2016 erschien unter Beteiligung von Prof. Dr. Thomas Fartmann und Dr. Dominik Poniatowski der Feldführer Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols: Bestimmen – Beobachten – Schützen, herausgegeben von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) im Quelle & Meyer Verlag. Im ersten Teil des Buches werden grundlegende Kenntnisse über Heuschrecken zusammengefasst (u.a. Körperbau, Biologie, Lebensraumansprüche, Gefährdung). Im Anschluss folgen übersichtliche Bestimmungstafeln und Artkapitel zu allen 85 in Deutschland und Nordtirol nachgewiesenen Arten. Hervorzuheben sind die hochqualitativen Fotos, auf denen auch kleinste Details scharf dargestellt und durch textliche Hinweise erläutert werden. Jede Art wird anhand ihrer Merkmale und ihres Gesangs beschrieben. Ergänzt wird dies durch Informationen zu Gefährdungsstatus, Verbreitung und Lebensraum sowie Entwicklung und Phänologie. Die Verbreitung der Arten wird zudem in aktuellen Karten dargestellt. Die starke Nachfrage ermöglichte nun eine aktualisierte Neuauflage des Feldführers. Neben kleineren Korrekturen wurden die Texte vor allem mit Blick auf neue taxonomische Erkenntnisse sowie veränderte Areale von sich im Zuge des Klimawandels ausbreitenden Heuschreckenarten überarbeitet. Darüber hinaus wurden viele Verbreitungskarten aktualisiert und Detailfotos wichtiger Bestimmungsmerkmale optimiert.

    Fischer, J., Steinlechner, D., Zehm, A., Poniatowski, D., Fartmann, T., Beckmann, A. & C. Stettmer (2020): Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols: Bestimmen – Beobachten – Schützen. 2. Aufl., Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 372 S.

    Studie warnt vor gesellschaftlichen Folgen des globalen Insektenrückgangs

    steinschmaetzer
    Dukatenfalter (Lycaena virgaureae)

    [26. März 2020] Das Ausmaß des Insektensterbens ist nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen weitaus größer als bislang angenommen. Seit Beginn der Industrialisierung sind demnach weltweit bereits bis zu 500.000 Insektenarten ausgestorben. Aufgrund dieser dramatischen Entwicklung warnt ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Prof. Dr. Thomas Fartmann in einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Biological Conservation vor den gesellschaftlichen Folgen des globalen Insektenrückgangs. Das Team aus 25 Wissenschaftler/-innen hat hierzu alle relevanten Studien verschiedenster Insektentaxa der vergangenen Jahrzehnte in ihre Betrachtungen einbezogen. Die Ergebnisse dieser Metaanalyse belegen, dass es sich beim Insektensterben um ein globales Phänomen handelt. Dabei wird angenommen, dass die Hälfte der in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedrohten Arten Insekten sein werden. Sollte sich der negative Bestandstrend ungebremst fortsetzen, sind nach Ansichten des Autorenteams nicht nur Auswirkungen auf die Funktionalität der globalen Ökosysteme sondern auch gravierende gesellschaftliche Folgen zu erwarten. Insekten erfüllen volkswirtschaftlich bedeutende Ökosystemdienstleistungen wie beispielsweise Bestäubung, den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und die Gewinnung neuer Medikamente. Auch wenn weiterhin dringender Forschungsbedarf zu den Ursachen des Insektenrückgangs besteht, sind bereits jetzt genügend Erkenntnisse vorhanden, um umfassende Maßnahmen zum Insektenschutz zu ergreifen. Diese Maßnahmen sollten primär darauf ausgerichtet sein, durch eine Extensivierung der Landnutzung flächendeckend strukturreiche Lebensräume zu erhalten und den Biotopverbund zu fördern. Durch die Erhöhung der Landschaftsheterogenität erhöhen derartige Maßnahmen auch die Resilienz von Ökosystemen gegenüber anderen Gefährdungsfaktoren wie z. B. dem Klimawandel.

    Cardoso, P., Barton, P. S., Birkhofer, K., Chichorro, F., Deacon, C., Fartmann, T. et al. (2020): Scientists’ warning to humanity on insect extinctions. Biological Conservation 242: 108426. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2020.108426

    »Medienberichterstattung: Süddeutsche Zeitung, Spektrum der Wissenschaft, RiffReporter

    Wildkaninchen als Schlüsselfaktor für das Vorkommen des Steinschmätzers in Küstendünen

    steinschmaetzer
    Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe)

    [03. Februar 2020] Der Verlust nährstoffarmer Lebensräume mit kurzrasiger Vegetation hat zu massiven Bestandsrückgängen vieler Vogelarten des Offenlandes geführt. Der Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) gehört zu diesen Arten und ist demzufolge heute in Deutschland vom Aussterben bedroht. Ein Großteil der mitteleuropäischen Bestände brütet heutzutage in stark anthropogen überformten Lebensräumen wie Tagebaulandschaften, Truppenübungsplätzen, Abtorfungsflächen, Weinbergen oder Industrieanlagen. Daneben gibt es einen deutlichen Verbreitungsschwerpunkt in den Küstendünen der Ostfriesischen Inseln Niedersachsens. Besonders der Insel Norderney kommt aufgrund hoher Brutdichten eine besondere Verantwortung für den Schutz des Steinschmätzers zu. Typisch für die Insel ist eine hohe Dichte an Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus), die durch ihre grabende Tätigkeit und durch Verbiss ihre Lebensräume nachhaltig verändern. Demgegenüber stehen sehr niedrige Brutpaarzahlen des Steinschmätzers auf kaninchenfreien Inseln. In einer jüngst in der Fachzeitschrift Ecological Engineering publizierten Studie wurde nun erstmals der Einfluss der Wildkaninchen als Ökosystem-Ingenieure auf die Populationsdichte des Steinschmätzers systematisch untersucht. Die Ergebnisse belegen eine enge Beziehung zwischen den Aktivitäten des Kaninchens und dem Vorkommen des Steinschmätzers, die über die alleinige Bereitstellung von Höhlen als Brutplatz deutlich hinausgeht. Die Tiere schaffen durch die Grabetätigkeit und den intensiven Verbiss zusätzlich kurzrasige und störstellenreiche Nahrungshabitate für den Steinschmätzer. Ohne die Wildkaninchen hätten die Ostfriesischen Inseln daher wohl kaum eine Bedeutung als Lebensraum für den Steinschmätzer. Die Studie wurde durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanziert.

    Kämpfer, S. & T. Fartmann (2019): Breeding populations of a declining farmland bird are dependent on a burrowing, herbivorous ecosystem engineer. Ecological Engineering 140: 105592. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2019.105592

    Bundesumweltministerium fördert Projekt zur insektenfreundlichen Grünlandbewirtschaftung

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    Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)

    [23. Januar 2020] Aufgrund des fortwährenden Insektenrückgangs hat das Bundesumweltministerium damit begonnen, konkrete Maßnahmen zum Insektenschutz durch die Förderung beispielhafter Projekte voranzutreiben. Der Erfolg dieser Maßnahmen soll dabei durch innovative Forschungsansätze überprüft werden. Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche wurde durch Bundesumweltministerin Svenja Schulze nun der Förderbescheid für eines der ersten Praxisprojekte zum Insektenschutz überreicht. Gemeinsam mit der Stiftung KulturLandschaft Günztal und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg werden wir in diesem Forschungsvorhaben die Wirkung einer nachhaltigen Landwirtschaft für den Insektenschutz in einem der größten Grünlandgebiete Deutschlands evaluieren. Dabei sollen insektenfreundliche Bewirtschaftungsmethoden in eine breite Anwendung gebracht werden und so dazu beitragen, die Funktionsfähigkeit des Biotopverbunds nachhaltig zu verbessern. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird dabei durch das Monitoring ausgewählter Insektenarten, ergänzt durch populationsgenetische Analysen, umfassend bewertet. Basierend auf den Erkenntnissen des Projektes werden bundesweit repräsentative Empfehlungen erarbeitet, wie der Insektenschutz in intensiv genutzten Agrarlandschaften zukünftig umgesetzt werden kann. Dabei setzt das Projekt besonders auf eine intensive Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und eine ökonomische Tragfähigkeit der Maßnahmen. Während der 6-jährigen Projektlaufzeit werden die zentralen Forderungen des Aktionsprogramms Insektenschutz konkretisiert und in die Praxis umgesetzt. Das Vorhaben wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert und inhaltlich durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) begleitet.

    »Weitere Informationen zum Projekt: Insektenfreundliches Günztal – naturschonende Grünlandwirtschaft im Biotopverbund

    »Pressemitteilung der Universität Osnabrück

    Fahrplan zum globalen Insektenschutz erschienen: Internationales Team stellt Maßnahmen vor

    Parnassius apollo
    Apollofalter (Parnassius apollo)

    [09. Januar 2020] Der weltweite Insektenrückgang hat ein bisher unbekanntes Ausmaß erreicht. Ein internationales Team von mehr als 70 Wissenschaftler/-innen unter Beteiligung von Prof. Dr. Thomas Fartmann hat nun ein Konzept erstellt, wie man dieser Entwicklung entgegenwirken kann. Der Fahrplan zum globalen Insektenschutz ist in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution erschienen. Er umfasst Maßnahmen, die sowohl aus ökologischer als auch gesellschaftlicher Sicht sinnvoll sind und betont zudem die Notwendigkeit eines standardisierten Monitorings zur Erfassung der weltweiten Insektenbestände. „Der Fahrplan zum globalen Insektenschutz zielt darauf ab, schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, die dem weltweiten Insektenrückgang entgegenwirken“, betont der Initiator der Studie Professor Jeff Harvey vom Niederländischen Institut für Ökologie (NIOO-KNAW) und der Universität Amsterdam (VU Amsterdam). Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Insektenarten weltweit unter anthropogen bedingten Umweltveränderungen leiden. Mit dem Fahrplan zum globalen Insektenschutz soll der aktuelle Wissensstand zum Insektenrückgang zusammengetragen und im Austausch mit verschiedenen Interessensgruppen wie Politik, Landwirtschaft und Naturschutz möglichst in die Praxis übertragen werden. Das Konzept umfasst Handlungsschritte, die unmittelbar, mittelfristig und langfristig zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Insektenfauna beitragen sollen. Basierend auf dem aktuellen Kenntnisstand können bereits jetzt Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die dazu beitragen, Lebensräume für Insekten und strukturreiche Landschaften zu fördern und wiederherzustellen. Es werden jedoch mittelfristig neue Forschungsaktivitäten erforderlich sein, die die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Ursachen des Insektensterbens mit innovativen Ansätzen untersuchen. Durch den Aufbau öffentlich-privater Partnerschaften und nachhaltiger Finanzierungskonzepte können Maßnahmen zum Insektenschutz langfristig gesichert werden. Die Entwicklung der weltweiten Insektenbestände und der Erfolg dieser Maßnahmen sollten global durch ein standardisiertes Monitoring überprüft werden.

    Harvey, J.A., Heinen, R., [...], Fartmann, T. et al. (2020): International scientists formulate a roadmap for insect conservation and recovery. Nature Ecology & Evolution 4: 174–176. doi: doi.org/10.1038/s41559-019-1079-8

    » Pressemitteilung der Universität Osnabrück

    Pflanzen profitieren von Habitatheterogenität in Regenrückhaltebecken

    Centaurium pulchellum
    Kleines Tausendgüldenkraut (Centaurium pulchellum)

    [15. November 2019] Die weltweit zunehmende Urbanisierung stellt eine der größten Herausforderungen für den Erhalt der Biodiversität dar. Der rasante Flächenverbrauch führt dabei häufig zu einer Zerstörung naturnaher Lebensräume. Da städtische Gewässer aus Gründen des Hochwasserschutzes oder infolge industrieller Nutzung hydro- und morphologisch stark verändert wurden, sind Gewässerökosysteme besonders von dieser Entwicklung betroffen. Mit der Degradierung der urbanen Gewässer und der zunehmenden Flächenversiegelung steigt zudem die Hochwassergefahr in Städten an. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahrzehnten verstärkt Regenrückhaltebecken angelegt. Neueste Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass diese neuartigen Ökosysteme nicht nur dem Hochwasserschutz dienen, sondern auch eine hohe Bedeutung als Lebensraum für gefährdete Tierarten haben können. Im Rahmen einer nun publizierten Studie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Ecological Engineering wurde nun erstmals die Bedeutung von städtischen Regenrückhaltebecken für die Phytodiversität systematisch untersucht. Dazu wurde die Pflanzenartenvielfalt an 35 Regenrückhaltebecken und 35 Kontrollgewässern vergleichend analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung belegen, dass aquatische, salztolerante und gefährdete Pflanzen an den Regenrückhaltebecken in höheren Artenzahlen vorkamen. Die Habitatheterogenität konnte als einer der entscheidenden Umweltfaktoren für die höhere Phytodiversität an diesen Gewässern ermittelt werden. Aufgrund der flachen Uferstruktur und der größeren Flächenausdehnung waren terrestrische, semiaquatische und aquatische Habitatstrukturen an Regenrückhaltebecken gleichermaßen gut ausgebildet. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass das regelmäßige Management der Becken Habitatbedingungen fördert, welche die Keimung der Samen und die Etablierung konkurrenzschwacher, gefährdeter Pflanzenarten begünstigen. Demzufolge sollten bei der Anlage und Pflege von Regenrückhaltebecken Belange des Biodiversitätsschutzes verstärkt berücksichtigt werden.

    Holtmann, L., Kerler, K., Wolfgart, L., Schmidt, C. & T. Fartmann (2019): Habitat heterogeneity determines plant species richness in urban stormwater ponds. Ecological Enigineering 138: 434–443. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2019.07.035

    Libellen als Indikatoren zur Evaluation der Renaturierung von Hochmooren

    Leucorrhinia dubia
    Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia)

    [17. September 2019] Hochmoore sind Lebensraum vieler gefährdeter Arten und erfüllen gleichzeitig wichtige Ökosystemfunktionen. Da Moore zu den bedeutendsten globalen Kohlenstoffspeichern gehören, muss dem Erhalt dieser Ökosysteme weltweit eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Jedoch ist der Fortbestand von Moorökosystemen durch den Landnutzungswandel vielerorts stark bedroht. Auf Grund großflächiger Kultivierungsmaßnahmen im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung ist die Fläche intakter Hochmoore in Mitteleuropa bis heute auf 1 % ihrer ursprünglichen Ausdehnung geschrumpft. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität degradierter Moorökosysteme in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Naturschutzpraxis gerückt sind. Jedoch gibt es bisher nur wenige wissenschaftlich fundierte Studien, die die Auswirkungen der Renaturierung in Hochmooren systematisch untersucht haben. Da Libellen als Surrogat-Arten aquatischer Ökosysteme gelten, wurden sie in einer aktuellen Publikation als Modellorganismen zur Evaluation von Wiedervernässungmaßnahmen in Abtorfungsflächen herangezogen. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass der Renaturierungserfolg maßgeblich von der Landnutzungsgeschichte der wiedervernässten Hochmoorstandorte abhängt. Während Standorte auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Abtorfungsflächen durch einen hohen Nährstoffreichtum gekennzeichnet waren, wiesen industriell abgetorfte Moore ohne landwirtschaftliche Vornutzung nährstoffarme Umweltbedingungen auf. Demzufolge konnten für die Probeflächen Unterschiede in der Artzusammensetzung der Libellen festgestellt werden. So wiesen Renaturierungsflächen auf nährstoffarmen Standorten ähnliche viele Hochmoorspezialisten wie die Kontrollgewässer auf, während die nährstoffreicheren Standorte stärker durch das Vorkommen von Zwischenmoorarten geprägt waren. Diese Zusammenhänge verdeutlichen, dass der Erfolg der Hochmoorrenaturierung vor allem durch das Nährstoffniveau limitiert wird. Jedoch deuten die Ergebnisse der Studie zugleich daraufhin, dass auch die Wiedervernässung nährstoffreicher Hochmoorstandorte zum Erhalt artenreicher Libellengemeinschaften in degradierten Hochmooren beitragen kann. Folglich sollten Wiedervernässungsmaßnahmen in ehemaligen Torfabbaugebieten verstärkt gefördert werden.

    Krieger, A., Fartmann, T. & D. Poniatowski (2019): Restoration of raised bogs – Land-use history determines the composition of dragonfly assemblages. Biological Conservation 237: 291–298. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2019.06.032.

    Forschung zu Insekten- und Vogelbeständen in extensiv genutzten Graslandhabitaten

    Salbei-Glatthaferwiesse
    Artenreiche Salbei-Glatthaferwiese

    [03. September 2019] Insekten bilden weltweit die artenreichste Gruppe aller Lebewesen. In den vergangenen Jahrzehnten haben jedoch sowohl die Artenvielfalt der Insekten als auch deren Biomasse in Mitteleuropa drastisch abgenommen. Der Rückgang der Insektenbiomasse zieht weitreichende ökologische Konsequenzen nach sich, da er sich kaskadenartig auf Organismen höherer trophischer Ebenen auswirkt. Für einige insektenfressende Vogelarten sind diese Zusammenhänge bereits gut belegt. Um den Einfluss der Insektenbiomasse auf gesamte Brutvogelgemeinschaften wissenschaftlich quantifizieren und evaluieren zu können, sind jedoch umfassende Studien erforderlich. Zu diesem Zweck unterstützt die Stöckmann-Stiftung zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz ein neues Forschungsvorhaben, mit welchem der wissenschaftliche Kenntnisstand über Zusammenhänge zwischen Insekten- und Vogelbeständen in extensiv genutzten Graslandhabitaten verbessert werden soll. Das Untersuchungsprogramm basiert auf einem komparativen Ansatz, in dem Kalkmagerrasen und mesophiles Grasland als Relikte einer extensiven Landnutzung in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft vergleichend analysiert werden. Dazu werden auf mehr als 50 Untersuchungsflächen im Diemeltal im westfälisch-hessischen Grenzgebiet Brutvögel- und Heuschrecken standardisiert erfasst. Anhand dieser Datengrundlage sollen Kausalitäten zwischen Insektenfauna und Vogelwelt hergestellt und entscheidende Umweltparameter für den Artenreichtum der untersuchten Lebensräume aufgeschlüsselt werden Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zum biodiversitätsfördernden, nachhaltigen Management von Graslandhabitaten. Der Schwerpunkt soll hierbei auf Maßnahmen zur Förderung der Insektenfauna als Grundlage für arten- und individuenreiche Vogelgemeinschaften sein. Das Forschungsvorhaben besitzt Modellcharakter für viele Regionen Mitteleuropas. Durch die Publikation der Ergebnisse sollen praxisorientierte Wissenschaftler/-innen und Landschaftsplaner/-innen von der regionalen bis zur internationalen Ebene erreicht werden, die die Erkenntnisse des Projektes nutzen können.

    OrthopteraWeb: Beobachtungsportal für Fang- und Heuschrecken in Deutschland online

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    Buntbäuchiger Grashüpfer (Omocestus rufipes)

    [01. August 2019] Seit Kurzem ist OrthopteraWeb – Das deutsche Heuschreckenportal online verfügbar. Das Portal wurde im Rahmen des Projektes „WerBeo“ in Kooperation mit der Universität Rostock und dem DUENE e.V. Greifswald entwickelt. Mit OrthopteraWeb möchten wir möglichst viele in Deutschland verfügbare Heuschreckenfunde bündeln und sichtbar machen. Bislang wurden mehr als 140.000 Datensätze im System hinterlegt. Anhand dieser Daten lässt sich die Verbreitung der Arten schon gut nachvollziehen. Bei vielen Arten gibt es aber nach wie vor große Erfassungslücken. Es mangelt zurzeit insbesondere an aktuellen Daten. „WerBeo als bundesweiter Datenspeicher soll bislang verteilt vorliegende Beobachtungsdaten zu verschiedenen Tier- und Pflanzenarten zusammenführen und öffentlich zugänglich machen. Anhand einer verbesserten Datenbasis können wir in Zukunft schneller Rückschlüsse auf den Zustand und die Entwicklung der biologischen Vielfalt in Deutschland ziehen und entsprechend handeln,“ betont Bundesumweltministerin Svenja Schulze in einer Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz. Wir möchten Sie daher herzlich dazu einladen, aktuelle Heuschreckenfunde über das Portal zu melden. Denn nur anhand historischer und aktueller Verbreitungsdaten lassen sich mögliche Arealveränderungen und Rückschlüsse auf Gefährdungsursachen nachvollziehen. „Mit OrthopteraWeb ermöglichen wir unseren Nutzern, ihre Beobachtungen zu erfassen, Daten zu exportieren und Informationen über die Verbreitung von Arten zu recherchieren. Es können dabei neben Heuschrecken auch Funde von Fangschrecken im Portal eingeben werden,“ berichtet Projektkoordinator Dominik Poniatowski. Eine Erweiterung des Portals für Schaben und Ohrwürmer befindet sich derzeit in Umsetzung. Für die Optimierung der mobilen Dateneingabe im Gelände wird voraussichtlich im Jahr 2020 eine Smartphone-App erscheinen. Das Vorhaben wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesumweltministerium gefördert und durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fachlich betreut.

    Registrierung online unter: daten.heuschrecken-portal.de

    Klimawandel führt zu Veränderungen in Heuschreckengemeinschaften im montanen Grasland

    Melanargia galathea
    Roesels Beißschrecke (Roeseliana roeselii)

    [08. Juli 2019] Der Einfluss des Klimawandels auf die Biodiversität steht zunehmend im wissenschaftlichen Interesse. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass der Klimawandel zukünftig die Hauptursache für den Verlust der weltweiten Artenvielfalt sein wird. Durch die komplexe Wirkungsweise des Klimawandels im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren, werden Anpassungsmaßnahmen seitens des Naturschutzes notwendig. Bisher fehlen jedoch für viele Artengruppen wissenschaftliche Grundlagen, wie sich klimatische Veränderungen auf Arten und deren Lebensräume auswirken. Es ist deshalb häufig unklar, welche Maßnahmen eingesetzt werden können, um die Biodiversität in mitteleuropäischen Ökosystemen langfristig zu erhalten. Während an kältere und feuchte Umweltbedingungen angepasste Organismen durch den Klimawandel zunehmend gefährdet sind, hat der rezente Temperaturanstieg in Mitteleuropa zur Ausbreitung thermophiler Arten geführt. Die Ergebnisse einer neu publizierten Studie in der Fachzeitschrift Biological Conservation belegen, dass die Arealerweiterung wärmeliebender Heuschreckenarten in höhere Lagen der Eifel zu Verschiebungen in den Artgemeinschaften montaner Grasland-Ökosysteme geführt hat. Durch die Ausbreitung dieser Arten hat sich die Artenzahl in Lebensräumen mit einer hohen Habitatqualität sogar erhöht. Im brachliegenden Feuchtgrasland konnte hingegen keine Veränderung der mittleren Artenzahl festgestellt werden. Weiterhin wird die Ausbreitung spezialisierter Arten in vielen Landschaften Mitteleuropas durch die starke Isolation der Lebensräume limitiert. Um zu quantifizieren, in welchem Maße die festgestellten Veränderungen klimainduziert sind, wurde ein Temperatur-Index angewandt, der das Wärmebedürfnis der vorkommenden Arten abbildet. Da für einige Heuschreckenarten im Zuge des Klimawandels langfristig auch negative Bestandstrends prognostiziert werden, gilt es frühzeitig Maßnahmen zu etablieren, die die Anpassungskapazität der Grasland-Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel erhöhen und dazu beitragen die Artenvielfalt im Grasland langfristig zu erhalten. Die Studie wurde durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Löffler, F., Poniatowski, D. & T. Fartmann (2019): Orthoptera community shifts in response to land-use and climate change – Lessons from a long-term study across different grassland habitats. Biological Conservation 236: 315–323. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2019.05.058

    Insektenrückgang: Forschungsvorhaben in Kooperation mit dem LANUV gestartet

    Melanargia galathea
    Tagfalter, wie der Schachbrettfalter (Melanargia galathea), sollen großflächig untersucht werden

    [13. Juni 2019] Der Rückgang von Insekten spiegelt sich seit langem in den Roten Listen des Bundes und der Länder wider. Jedoch fehlen bisher standardisierte Untersuchungsprogramme, die es ermöglichen das genaue Ausmaß des Insektenrückgangs zu quantifizieren. In einem neuen Forschungsvorhaben werden wir in den kommenden drei Jahren die Grundlage für ein landesweit repräsentatives Insektenmonitoring in Nordrhein-Westfalen (NRW) schaffen. Gemeinsam mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) erproben wir auf Basis der Ökologischen Flächenstichprobe (ÖFS) ein umfassendes Untersuchungskonzept, um mittels ausgewählter Artengruppen die Anzahl und Verbreitung von Insekten in Nordrhein-Westfalen dauerhaft und repräsentativ zu erfassen. Daraus kann dann beispielsweise abgeleitet werden, wie Schutzmaßnahmen wirken und wo diese gezielt eingesetzt werden können. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser informierte sich im Rahmen der Jahrespressekonferenz des LANUV in Essen über das Insektenmonitoring: „Der Verlust von Arten stellt neben den Folgen des Klimawandels die größte ökologische und ökonomische Bedrohung dar“, erklärte Ministerin Heinen-Esser in ihrem Grußwort. „Der Rückgang von Insekten ist ein wichtiger Anzeiger für die Bedrohung unserer Artenvielfalt, selbst in Naturschutzgebieten ist dieses Phänomen zu beobachten. Wir müssen aber noch mehr herausfinden über die Ursachen und vor allem über die Auswirkungen auf unsere gesamte Umwelt.“ Das Insektenmonitoring bildet einen weiteren wichtigen Baustein, um den Kenntnisstand über das Ausmaß und die Wirkung des Insektenrückgangs langfristig zu verbessern. „Das Flächennetz der ÖFS ist für die Überwachung der Insektenbestände hervorragend geeignet, da es die Regionen und Landschaften Nordrhein-Westfalens exakt repräsentiert und so landesweit gültige Ergebnisse garantiert,“ berichtete LANUV-Präsident Dr. Thomas Delschen. Der Aufbau und die Umsetzung des Insektenmonitorings wird durch das Umweltministerium NRW gefördert.

    Berichterstattung zum Projekt: WDR aktuell, WDR Lokalzeit Ruhr, Pressemitteilung des LANUV

    Gefährdete Libellenarten profitieren von Temporärgewässern in Regenrückhaltebecken

    Libellula depressa
    Plattbauch (Libellula depressa)

    [21. Mai 2019] Es gibt vermehrt wissenschaftliche Belege, dass Regenrückhaltebecken nicht nur als Retentionsräume dienen, sondern auch die Biodiversität in urbanen Räumen fördern können. Voraussetzung für die Habitateignung von Regenrückhaltebecken ist vor allem eine naturnahe, strukturreiche Gestaltung der Anlagen. In einer Studie in der aktuellen Auflage des Journal of Insect Conservation wird die Bedeutung von Regenrückhaltebecken für Libellen in Abhängigkeit des Beckentyps beleuchtet. In temporär wasserführenden Becken konnten dabei im Mittel mehr gefährdete Arten nachgewiesen werden als in dauerhaft überfluteten Gewässern. Zudem belegen die signifikant höheren Exuviendichten, dass dieser Gewässertyp als Reproduktionshabitat bedrohter Arten geeignet ist. Flache Gewässerstrukturen und das Vorhandensein früher Sukzessionsstadien konnten dabei als entscheidende Umweltfaktoren für die hohe Anzahl an Rote-Liste-Arten identifiziert werden. Bei Betrachtung der Gesamtartenzahlen waren die Unterschiede zwischen temorprären und permanenten Gewässern hingegen weniger deutlich ausgeprägt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Zusammensetzung der Libellengemeinschaften stark von der Bauweise der Regenrückhaltebecken abhängt. Aus Sicht des Biodiversitätsschutzes ist es besonders förderlich bei der Anlage von Regenrückhaltebecken darauf zu achten möglichst großflächige, temporär überflutete Flachwasserzonen einzurichten. Das anschließende Management der Anlagen sollte darauf ausgerichtet sein heterogene Habitatbedingungen zu erhalten.

    Holtmann, L., Brüggeshemke, J., Juchem, M. & T. Fartmann (2019): Odonate assemblages of urban stormwater ponds: the conservation value depens on pond type. Journal of Insect Conservation 23: 123–132. doi: doi.org/10.1007/s10841-018-00121-x

    Glückwunsch zur erfolgreichen Promotion über die Biodiversität von Regenrückhaltebecken

    Lisa Holtmann
    Dr. Lisa Holtmann und Prof. Dr. Thomas Fartmann

    [23. März 2019] Wir gratulieren Dr. Lisa Holtmann herzlich zum erfolgreichen Abschluss ihrer Promotion. Ihre Dissertationsschrift mit dem Titel „Stormwater ponds as biodiversity hotspots in urban areas“ beleuchtet die Bedeutung von Regenrückhaltebecken für die Biodiversität in urbanen Räumen. Die zunehmende Urbanisierung gilt als eine der Hauptursachen für den globalen Biodiversitätsverlust. Wissenschaftliche Studien, die Maßnahmen zum Erhalt der urbanen Biodiversität aufzeigen, sind deshalb von besonderer Relevanz. Durch die Analyse der Biodiversitätsmuster in verschiedenen Artengruppen konnte im Rahmen der Promotion von Lisa Holtmann nun gezeigt werden, dass Regenrückhaltebecken einen positiven Einfluss auf die Biodiversität in mitteleuropäischen Städten haben können. In der Regel wiesen Regenrückhaltebecken im Vergleich zu den Gewässern in der Normallandschaft eine bessere Habitatqualität auf. Es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich das regelmäßige Management der Regenrückhaltebecken begünstigend auf die lokale Biodiversität auswirkt. Bei der Einrichtung von Regenrückhaltebecken sollte eine möglichst hohe Habitatheterogenität angestrebt werden, die die Koexistenz von Arten mit unterschiedlichen Habitatansprüchen ermöglicht. Die umfassenden Ergebnisse der Untersuchungen wurden bisher in vier internationalen Fachartikeln publiziert.

    Jonas Brüggeshemke mit NWO-Förderpreis ausgezeichnet

    Jonas Brüggeshemke
    Preisträger Jonas Brüggeshemke bei Kartierarbeiten

    [01. März 2019] Die Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft (NWO) vergibt im regelmäßigen Turnus den NWO-Förderpreis an herausragende ornithologische Arbeiten junger Nachwuchswissenschaftler. Im Rahmen der diesjährigen NWO-Jahrestagung wurde unser Masterabsolvent Jonas Brüggeshemke für seine Forschung zu den Habitatansprüchen und zur Populationsdynamik des Raubwürgers (Lanius excubitor) im Hochsauerland ausgezeichnet. Die Ergebnisse seiner Arbeit belegen eindrucksvoll, dass die deutschlandweit gefährdete Art im Untersuchunsgebiet entgegen dem bundesweiten Trend kurzfristig eine positive Populationsentwicklung aufweist. Neben den traditionell besiedelten Brutrevieren in mageren Grünlandhabitaten, konnte sich die Art in den letzten Jahren auf Windwurfflächen erfolgreich etablieren. Dies Habitate sind infolge des Orkans Kyrill im Jahr 2007 entstanden und zeichnen sich nun durch ein reichhaltiges Nahrungsangebot und das Vorhandensein geeigneter Brutplätze für den Raubwürger aus. Darüber hinaus lies sich ein positiver Einfluss von Weihnachtsbaumkulturen auf die Habitatwahl der Art feststellen. Reviere im Intensivgrünland wurden in den letzten Jahren hingegen vermehrt aufgegeben. Die Studie verdeutlicht einerseits die Bedeutung extensiv genutzter Grünlandhabitate für den Raubwürger, zeigt aber gleichzeitg dass Störungsereignisse wie der Orkan Kyrill die Biodiversität mitteleuropäischer Landschaften signfikant positiv beeinflussen können.

    Forschung zur tierökologischen Bedeutung von Regenrückhaltebecken im Projekt „StucK“

    Bekassine
    Bekassine (Gallinago gallinago)

    [08. Februar 2019] In Kooperation mit der Abteilung für Angewandte Pflanzenökologie der Universität Hamburg evaluieren wir im Rahmen des Projektes StucK („Sicherstellung der Entwässerung küstennaher, urbaner Räume unter Berücksichtigung des Klimawandels“) die Bedeutung von Regenrückhaltebecken für die Biodiversität. Aufbauend auf den Erfahrungen vorangegangener Forschungsarbeiten führen wir faunistische Begleituntersuchungen zur Habitateignung von Trockenbecken in küstennahen, urbanen Räumen durch. Bisherige wissenschaftliche Studien zur Biodiversität in Regenrückhaltebecken belegen, dass diese neuartigen Ökosysteme einen positiven Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt in Städten leisten können. Beispielsweise wiesen Regenrückhaltebecken im Stadtgebiet von Münster im Vergleich zu Kontrollgewässern höhere Libellenartenzahlen auf. Gleichzeitig stellten sie ein geeignetes Reproduktionshabitat für Amphibien dar. Insbesondere die Habitatstruktur der zum Hochwasserschutz angelegten Becken entscheidet darüber, ob diese als Lebensraum für wertgebende Arten geeignet sind. Anhand verschiedener Indikatorgruppen soll beispielhaft für die Stadt Hamburg ein nachhaltiges Konzept erarbeitet werden, welches die Interessen des Gewässermanagements und des Biodiversitätsschutzes vereint. Vor dem Hintergrund der Zunahme klimatischer Extremereignisse wird hierbei das bestehende Hochwasserschutzkonzept durch innovative, biodiversitätsfördernde Lösungsansätze ergänzt. Das interdisziplinär ausgerichtete Forschungsvorhaben wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

    Habitatqualität entscheidet über das Vorkommen spezialiserter Schmetterlingsarten im Magergrasland

    Erebia medusa
    Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa)

    [23. Januar 2019] Extensiv genutzte Graslandhabitate zählen zu den artenreichsten Ökosystemen Europas. Jedoch ist der Fortbestand der Biodiversität dieser Lebensräume zunehmend gefährdet. Sowohl die Landnutzungsintensivierung als auch das Brachfallen haben in Mitteleuropa zu einem starken Rückgang des mageren Graslands geführt. Schmetterlinge gelten aufgrund ihrer spezifischen Lebensweise als eine der am besten geeigneten Artengruppen zur Analyse landnutzungsbedingter Veränderungen auf der Habitat- und Landschaftsebene. Im Kontext des Projektes „Biotopverbund als Klimaanpassungsstrategie des Naturschutzes in der Beispielregion Naturpark Diemelsee“ (gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt – DBU) wurden die Auswirkungen der Landschaftsstruktur und der Habitatqualität auf das Vorkommen zweier spezialisierter Schmetterlingsarten detailliert untersucht. Die im Journal of Insect Conservation veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass sowohl der Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa) als auch das Ampfer-Grünwidderchen (Adscita statices) auf eine extensive Nutzung oder frühe Brachestadien angewiesen sind. Auf der Habitatebene zeigten beide Arten eine Präferenz für eine ausgeprägte Streuschicht. Für das Vorkommen von A. statices konnte zudem eine hohe Wirtspflanzendeckung als weiterer entscheidender Faktor ermittelt werden. Faktoren auf der Landschaftsebene spielten in der gut vernetzten Landschaft des Projektgebietes eine untergeordnete Rolle. Jedoch waren die von E. medusa besiedelten Habitate zu einem geringeren Anteil von Äckern umgeben. Dieser Zusammenhang unterstreicht, dass Graslandhabitate im Kontext landwirtschaftlich intensiv genutzter Agrarlandschaften häufig durch eine geringere Artenvielfalt gekennzeichnet sind.

    Münsch, T., Helbing, F. & T. Fartmann (2019): Habitat quality determines patch occupancy of two specialist Lepidoptera species in well-connected grasslands. Journal of Insect Conservation. doi: doi.org/10.1007/s10841-018-0109-1

    Marco Drung erhält Stifter-Preis der Universität Osnabrück für den besten Masterabschluss

    Steinschmätzer
    Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe)

    [13. Dezember 2018] Unser Masterabsolvent Marco Drung wurde für exzellente Leistungen im Rahmen seines Masterstudiums und seiner Abschlussarbeit mit dem Stifter-Preis der Universität Osnabrück (Fachbereich Biologie/Chemie) ausgezeichnet. In seiner Masterarbeit untersuchte er die Eignung von Torfabbaugebieten als Ersatzlebensraum für den Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe). Da die Art in Deutschland vom Aussterben bedroht ist, haben die in seiner Arbeit erzielten Forschungsergebnisse eine besondere Relevanz für den Naturschutz. Durch die großflächige Entwässerung der Hochmoore im Zuge des Landnutzungswandels, lassen sich im Nordwesten Deutschlands heute nur noch wenige, zumeist stark degradierte Moorökosysteme vorfinden. Dem Erhalt intakter Hochmoorflächen sollte europaweit höchste Priorität beigemessen werden. Das Gros der untersuchten Abbauflächen befindet sich jedoch auf historischen Hochmoorstandorten, die zuvor bereits über mehrere Jahrzehnte intensiv landwirtschaftlich genutzt wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der hohe Offenbodenanteil der Abtorfungsflächen dem Steinschmätzer die Nahrungssuche erleichtert. Darüber hinaus bieten Torfsodenstapel mit versteckten Hohlräumen gute Nistmöglichkeiten. Auf Grund des großflächigen Verlustes geeigneter Bruthabitate in der mitteleuropäischen Agrarlandschaft, stellen Torfabbaugebiete neben anderen Sekundärlebensräumen wie z.B. Bergbaufolgelandschaften, Steinbrüchen und Truppenübungsplätzen die letzten Refugien des Steinschmätzers in Norddeutschland dar. Nach Einstellung der Abtorfung werden die Flächen zudem wiedervernässt und renaturiert, sodass sich an diesen Standorten langfristig neue Moorökosysteme entwickeln können.

    Klimawandel erfordert neue Maßnahmen zum Schutz von Grasland- und Heideökosystemen

    Bergmähwiese
    Bergmähwiese mit Blühaspekt des Schlangen-Knöterichs (Bistorta officinalis)

    [16. November 2018] Die Auswirkungen des Klimawandels erfordern weitreichende Handlungen zum Schutz der mitteleuropäischen Ökosysteme. In einem aktuellen Artikel in der Fachzeitschrift Natur und Landschaft werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität von Grasland- und Heideökosystemen zusammengefasst und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen formuliert. Auf Grund der globalen Erwärmung und zunehmender Sommertrockenheit besteht insbesondere für feuchteabhängige und montane Grasland- und Heidelebensräume ein hohes Gefährdungspotenzial. Vor allem kalt-stenotherme Organismen gelten als hochsensibel gegenüber dem Klimawandel. Beispielsweise haben steigende Wintertemperaturen zu Arealverlusten beim Rundaugen-Mohrenfalters (Erebia medusa) geführt. Zusätzlich können indirekte Effekte des Klimawandels, wie beispielsweise der Ausbau erneuerbarer Energien, zu Veränderungen der Artgemeinschaften im Offenland beitragen. Diese Ergebnisse zeigen exemplarisch dass dringend weitere Vorkehrungen getroffen werden müssen, die die Anpassung der Arten an die veränderten Umweltbedingungen unterstützen. Neben der Optimierung des Habitatangebots gehört hierzu auch der Aufbau eines Biotopverbundsystems auf lokaler und überregionaler Ebene. Die Studie wurde vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert.

    Streitberger, M., Fartmann, T., Ackermann, W., Balzer, S., & S. Nehring (2018): Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität von Grasland- und Heideökosystmen – Kausalanalyse und Entwicklung nachhaltiger Anpassungsstrategien. Natur und Landschaft 93 (12): 545–552.

    Studie belegt klimainduzierte Arealerweiterung bei Heuschrecken in Mitteleuropa

    Sumpfschrecke, Arealerweiterung, Klimawandel, Heuschrecken
    Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)

    [15. Oktober 2018] Trotz des großflächigen Verlusts und der zunehmenden Degradierung und Fragmentierung der Habitate in Mitteleuropa, konnte sich fast ein Drittel der in Deutschland heimischen Heuschreckenarten während der letzten Jahrzehnte ausbreiten. Das Ausmaß der Arealerweiterungen ist artspezifisch sehr unterschiedlich und abhängig von verschiedenen Faktoren wie den Habitatansprüchen und der Mobilität der Arten sowie der Landschaftsausstattung am Arealrand. Starke Arealerweiterungen, insbesondere in den ehemals sommerkühlen Gebieten Deutschlands setzten zeitgleich mit dem starken Temperaturanstieg seit Ende der 1980er-Jahre ein. Daher scheint der Klimawandel maßgeblich verantwortlich für diese Entwicklung zu sein. Bemerkenswert ist, dass sich nicht nur Habitatgeneralisten ausgebreitet haben, sondern auch – trotz verminderter Habitatverfügbarkeit – xerophile Offenbodenspezialisten und hygrothermophile Feuchtgrünlandarten. Jedoch ist davon auszugehen, dass Arten deren Eistadien sensibel gegenüber Trockenheit sind, durch die zunehmende Häufigkeit von Dürreperioden negativ beeinträchtigt werden können. Die wenigen in Deutschland ausschließlich montan und alpin verbreiteten Arten dürften ebenfalls Verlierer des Klimawandels sein. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift für Naturschutz und Landschaftspflege – Natur und Landschaft publiziert.

    Poniatowski, D., Münsch, T., Helbing, F. & T. Fartmann (2018): Arealerweiterungen bei mitteleuropäischen Heuschrecken als Folge des Klimawandels. Natur und Landschaft 93 (12): 553–561.

    Düngung führt zu erhöhter Mortalität von Schmetterlingsraupen

    Brauner Feuerfalter, Lycaena tityrus, Stickstoffanreicherung
    Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus)

    [26. September 2018] Die landwirtschaftliche Intensivierung gilt als die Hauptursache für das flächendeckende Verschwinden vieler Schmetterlingsarten in West- und Mitteleuropa. Der Rückgang der Artenvielfalt wurde dabei häufig mit der zunehmenden Degradierung und Fragmentierung der Habitate in Verbindung gebracht, wohingegen Veränderungen der Wirtspflanzenqualität bisher weitestgehend unberücksichtigt blieben. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Oecologia zeigen jedoch, dass zu hohe Stickstoffkonzentrationen in den Wirtspflanzen zu einer stark erhöhten Mortalitätsrate bei Schmetterlingsraupen führen können. In der Untersuchung wurden in einem experimentellen Ansatz die Überlebensraten der Raupen von insgesamt sechs weit verbreiteten Tag- und Nachtfalterarten unter verschiedenen Düngeszenarien dokumentiert. Die simmulierten Stickstoffgaben entsprachen dabei den in der mitteleuropäischen Landwirtschaft aktuell üblichen Düngemengen. Die Düngung hat dabei zu einer Zunahme des Stickstoffgehalts in den Wirtspflanzen und gleichzeitig zu einer deutlich erhöhten Mortalitätsrate der Schmetterlingsraupen aller Modellarten geführt. Mit den Forschungsergebnissen liegt nun erstmalig ein Beleg vor, dass die aktuellen Düngeraten den physiologischen Toleranzbereich der meisten Schmetterlingsarten überschreiten dürften. Es ist somit davon auszugehen, dass die Düngung durch ihren Einfluss auf die Wirtspflanzenqualität direkt zum flächendeckenden Rückgang vieler Schmetterlingsarten beiträgt.

    Kurze, S., Heinken, T. & T. Fartmann (2018): Nitrogen enrichment in host plants increases the mortality of common Lepidoptera species. Oecologia 188: 1227–1237. doi: doi.org/10.1007/s00442-018-4266-4

    BfN fördert Konzeptentwicklung für bundesweites Insektenmonitoring

    Insektenmonitoring, Insektensterben, Wildbiene, Halictus scabiosae
    Gelbbindige Furchenbiene (Halictus scabiosae)

    [21. August 2018] Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat uns damit beauftragt, ein umfassendes Konzept für das bundesweite Insektenmonitoring zu entwickeln. Aktuelle Studien haben lokal drastische Rückgänge von Insektenpopulationen festgesetellt. Es fehlen jedoch bislang bundesweit repräsentative, standardisiert erhobene Daten zu Langzeitveränderungen von Insektenbeständen. Als Bestandteil eines weitreichenden Biodiversitätsmonitorings soll mit dem nun geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben erstmalig eine Grundlage geschaffen werden, wie in Zukunft belastbare Daten zu den großflächigen Populationsentwicklungen der Insekten dokumentiert werden können. Dabei streben wir an, zum einen den Zustand und die Veränderungen der Insekten der Normallandschaft und zum anderen die Bestände und Trends naturschutzfachlich wertgebender Arten lebensraumübergreifend zu erfassen. In Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern werden wir unter Berücksichtigung fachlicher, methodischer und organisatorischer Gesichtspunkte den Aufbau des Insektenmonitorings bis zum Jahr 2020 schrittweise konkretisieren. In den konzeptionellen Überlegungen wird geprüft, ob Synergien zu bereits bestehenden Monitoringprogrammen, Citizen-Science-Projekten, wissenschaftlichen Sammlungen, sowie zu der Arbeit von entomologischen Vereinen und Fachgesellschaften in das Vorhaben einbezogen werden können. Die Monitoringdaten sollen zukünftig zur Analyse räumlich-zeitlicher Zusammenhänge zwischen den Insektenbeständen und Umweltveränderungen dienen.

    Pressemitteilung des BfN

    Projektpartner: Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden, Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH, Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen e. V., Entomologischer Verein Krefeld e. V.

    Habitatqualität bedeutendster Faktor für das Vorkommen von spezialisierten Insektenarten

    Landnutzungswandel, Habitatfragmentierung, Metapopulation, Argynnis aglaja
    Großer Perlmutterfalter (Argynnis aglaja)

    [13. August 2018] Infolge des Landnutzungswandels sind artenreiche Graslandhabitate heute häufig stark degradiert und voneinander isoliert. Habitatqualität, Flächengröße und Habitatkonnektivität gelten als die entscheidenden Faktoren, die das Vorkommen von Habitatspezialisten in fragmentierten Landschaften bestimmen. Es wird jedoch bis heute kontrovers diskutiert, welcher dieser Faktoren die größte Bedeutung für den Artenschutz besitzt. Im Rahmen einer großräumig angelegten Studie wurde nun anhand von Modellorganismen verschiedener Insektenordnungen die relative Bedeutung dieser Faktoren analysiert. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Habitatqualität, gefolgt von der Flächengröße, den stärksten Einfluss auf das Vorkommen von Habitatspezialisten in Kalkmagerrasen hatte. Bei einer zunehmenden Fragmentierung der Graslandpatches würde die Konnektivität jedoch vermutlich stärker ins Gewicht fallen. Mit der Abhandlung in der Fachzeitschrift Biological Conservation liegt nun eine wissenschaftlich fundierte Grundlage vor, die es Naturschutzpraktikern erleichtert bei begrenzten Ressourcen den Fokus von Schutzmaßnahmen festzulegen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den mitteleuropäischen Grasland-Hotspots der Erhalt großflächiger und regelmäßig gemanagter Habitate den Ansprüchen der meisten Arten gerecht wird. Der Einfluss der Habitatkonnektivität sollte dabei jedoch nicht unterschätzt werden. Beispielsweise muss der Verbesserung des Biotopverbundes in landwirtschaftlich intensiv genutzten und stark ausgeräumten Landschaften eine große Bedeutung beigemessen werden. Darüber hinaus stellt die Erhöhung der Habitatkonnektivität vor dem Hintergund des Klimawandels eine besonders wichtige Anpassungsmaßnahe dar.

    Poniatowski, D., Stuhldreher, G., Löffler, F. & T. Fartmann (2018): Patch occupancy of grassland specialists: Habitat quality matters more than connectivity. Biological Conservation 225: 237–244. doi: doi.org/10.1016/j.biocon.2018.07.018

    Forschung für die Biodiversität in Steinbrüchen in Zeiten des globalen Wandels

    Landnutzungswandel, Steinbruch, Biodiversität, Naturschutz
    Kalksteinbruch mit hoher Habitatdiversität

    [02. August 2018] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ein Forschungsprojekt zur Biodiversität und zum nachhaltigen Management von Steinbrüchen in Zeiten des globalen Wandels. In Kooperation mit zahlreichen Partnern aus der Naturschutzpraxis und Rohstoffindustrie werden in dem Vorhaben anhand verschiedener Indikatorgruppen Zusammenhänge zwischen der Artenvielfalt in Steinbrüchen und den diesbezüglich entscheidenden Umweltfaktoren analysiert. Da der Kenntnisstand zur Biodiversität von Steinbrüchen immer noch gering ist, beabsichtigen wir anhand der gewonnenen Erkenntnisse Handlungsempfehlungen für eine biodiversitätsfördernde und nachhaltige Bewirtschaftung der Abbauflächen zu erarbeiten. Die Relevanz des Projektes wird besonders vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Steinbrüchen infolge der europaweit gestiegenen Nachfrage nach Baumaterialien deutlich. Gleichzeitig bergen die Abbaustätten sowohl während des Gesteinsabbaus als auch nach Aufgabe der Nutzung ein herausragendes Potenzial für den Erhalt der Biodiversität in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Trotzdem ist es immer noch häufige Praxis, Steinbrüche nach Einstellung der Abbautätigkeiten zu verfüllen und aufzuforsten. In unseren Studien streben wir an, den Naturschutzwert der Gesteinsabbaustätten im Vergleich zur umgebenden Landschaftsmatrix anhand einer hinreichenden Datengrundlage empirisch zu belegen. Darüber hinaus sollen Wissensdefizite zur Renaturierung und zum Habitatmanagement in Steinbrüchen behoben werden. Durch die breite biozönotische Basis der Untersuchungen in einem der wichtigsten europäischen Gesteinsabbaugebiete besitzt das Projekt überregionalen Modellcharakter für den Biodiversitätsschutz in Steinbrüchen.

    Neue Studie belegt hohen Wert von Weihnachtsbaumkulturen für seltene Brutvögel

    landnutzungswandel, Agrarlandschaft, Brutvögel, Heidelerche
    Heidelerche (Lullula arborea)

    [24. Juli, 2018] Traditionell haben Agrarlandschaften eine große Bedeutung für die Biodiversität. Der Wandel von der traditionellen Landnutzung hin zu einer modernen, industrialisierten Landwirtschaft hat jedoch in Europa vielerorts zu einem dramatischen Artensterben geführt. Gleichzeitig können anthropogene Landschaftsveränderungen aber auch die Entstehung neuartiger Ökosysteme begünstigen, die unter Umständen durch das Vorkommen neuer, artenreicher Lebensgemeinschaften gekennzeichnet sein können. Weihnachtsbaumkulturen sind ein charakteristisches Beispiel derartiger Lebensräume in Mitteleuropa. Seit Beginn des systematischen Weihnachtsbaumanbaus im Hochsauerland wurde die Anbaufläche dieser Kulturen kontinuierlich erweitert. Durch eine aktuelle Studie im Rahmen des Projektes „Biodiversität von Weihnachtsbaumkulturen in Mitteleuropa“ (gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt – DBU) konnte nun gezeigt werden dass Weihnachtsbaumkulturen einen regional bedeutenden Rückzugsraum für gefährdete Brutvogelarten darstellen. Trotz der generell intensiven Bewirtschaftungsweise waren die Kulturen durch eine höhere Landschaftsdiversität gekennzeichnet als andere dominierende Landschaftstypen im Untersuchungsgebiet. Darüber hinaus wurden die Brutvorkommen gefährdeter Arten sehr wahrscheinlich durch die hohe Nahrungsverfügbarkeit und -zugänglichkeit in den Kulturen gefördert. Der hohe Offenbodenanteil in den Anbauflächen begünstigt insbesondere Arten die am Boden nach Nahrung suchen, wie z.B. die Heidelerche, wohingegen die Vegetation in den ursprünglichen Lebensräumen dieser Arten heute häufig zu dicht und hochwüchsig ist. Nach aktuellen Schätzungen beherbergen die Weihnachtsbaumkulturen sogar mehr als ein Drittel der nordrhein-westfälischen Heidelerchenpopulation. Die umfassenden Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Ecological Indicators publiziert.

    Fartmann, T., Kämpfer, S., Brüggeshemke, J., Juchem, M., Klauer, F., Weking, S. & F. Löffler (2018): Landscape-scale effects of Christmas-tree plantations in an intensively used low-mountain landscape – Applying breeding bird assemblages as indicators. Ecological Indicators 94: 409–419. doi: doi.org/10.1016/j.ecolind.2018.07.006

    Gewinner und Verlierer – Aktuelle Studie prognostiziert Arealveränderungen bei Tagfaltern

    Klimawandel, Tagfalter, Satyrium spini, Arealveränderung
    Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini)

    [10. Juli 2018] Eine immer größere Anzahl an Wissenschaftlern geht davon aus, dass der Klimwandel die Biodiversität zukünftig stärker beeinflussen könnte als direkte Lebensraumveränderungen. Es werden jedoch im Hinblick auf die erwarteten Klimaveränderungen artspezifisch sehr unterschiedliche Reaktionsmuster prognostiziert. Aufgrund ihrer spezialisierten Lebensweise gelten Tagfalter als eine der am besten geeigneten Indikatorgruppen zur Untersuchung der Klimawandeleffekte in terrestrischen Ökosystemen. Anhand einer detaillierten Analyse der mikroklimatischen Präferenzen von drei spezialisierten Tagfalterarten in Kalkmagerrasen des Diemeltals konnte nun die zukünftige Verbreitung dieser Spezies entlang eines Höhengradienten modelliert werden. Temperatur und Luftfeuchte unterschieden sich in den aktuell besiedelten Mikrohabitaten der Arten deutlich. Während der Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa) eine Präferenz für kühl-feuchte Habitatbedingungen zeigte, bevorzugten der Ehrenpreis-Scheckenfalter (Melitaea aurelia) und der Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini) warme und trockene Mikrohabitate. Da die aktuelle Verbreitung der Modellorganismen im Untersuchungsgebiet vor allem durch klimatische Faktoren limitiert wird, kann davon ausgegangen werden dass eine weitere Klimaerwärmung auf dem Niveau der vergangenen Jahre mittelfristig zu deutlichen Arealveränderungen der Arten führen wird. Auf der Grundlage der Ergebnisse unserer Studie muss E. medusa als ein klarer Verlierer des Klimawandels eingestuft werden, wohingegen M. aurelia und S. spini ihr Verbreitungsgebiet voraussichtlich in höhere Lagen erweitern werden. Da für alle drei Arten eine hohe Naturschutzrelevanz besteht, sollten zukunftsfähige Schutzmaßnahmen etabliert werden, die es den Arten ermöglichen auf klimatische Veränderungen zu reagieren.

    Stuhldreher, G. & T. Fartmann (2018): Threatened grassland butterflies as indicators of microclimatic niches along an elevational gradient – Implications for conservation in times of climate change. Ecological Indicators 94: 83–98. doi: doi.org/10.1016/j.ecolind.2018.06.043

    Auszeichnung für Projekt „Bergheide-Ökosysteme im Rothaargebirge“

    Bergheide, Kulturlandschaft, UN Dekade, Biologische Vielfalt
    Traditionelle Beweidung in den Bergheiden des Rothaargebirges

    [26. Juni 2018] Bergheiden sind ein bedeutender Bestandteil der historischen Kulturlandschaft des Rothaargebirges, jedoch wurde die Ausdehung der montanen Zwergstrauchheiden mit Aufgabe der traditionellen Heidebewirtschaftung stark zurückgedrängt. Die verbliebenen Flächen sind von herausragender Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Mitteleuropa. Gemeinsam mit unseren Projektpartnern entwickeln wir Lösungen für bestehende Managementkonflikte und nachhaltige Konzepte für die Wiederherstellung ehemaliger Heidestandorte. Mit dem Projekt soll ein weiterer Rückgang der Bergheiden gestoppt, der Erhaltungszustand der verbliebenen Heideflächen verbessert und der Erhalt montaner Zwergstrauchheiden dauerhaft gesichert werden. Durch die weitreichende Relevanz unserer Untersuchungen und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern wurde das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Vorhaben nun durch die hessische Umweltministerin Priska Hinz als „Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet. Dabei wurde besonders hervorgehoben, dass der Erhalt der Bergheiden einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt leistet. Mit der Renaturierung früherer Bergheideflächen beabsichtigen wir weiterhin, den länderübergreifenden Biotopverbund zu fördern und somit den Fortbestand artenreicher Lebensgemeinschaften in der historischen Kulturlandschaft des Rothaargebirges zu sichern.

    DO-G unterstützt Forschungsprojekt zu Avizönosen in montanen Grasland-Ökosystemen

    Borstgrasrasen, Arnica montana, Hotzenwald
    Montanes Weidfeld im Südschwarzwald

    [15. Juni 2018] Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) unterstützt ein Forschungsvorhaben unserer externen Masterstudierenden Friederike Kunz. Im Fokus der Untersuchungen stehen aktuelle Entwicklungen, die die Diversität der Avizönosen des montanen Graslands zukünftig verstärkt negativ beeinträchtigen könnten. Aktuell sind viele Vogelarten des genutzten Offenlandes bereits von dramatischen Bestandsrückgängen betroffen. Vielfach werden diese Populationseinbrüche mit der in Nordwest- und Mitteleuropa nahezu flächendeckenden, intensiven Landwirtschaft in Verbindung gebracht. Im Südschwarzwald dagegen, sind extensiv bewirtschaftete Grasland-Ökosysteme noch weit verbreitet. In den tieferen Lagen dominiert gemähtes Grasland, häufig verzahnt mit Flachmooren. Kleinräumige Mosaike aus grasig-krautiger Vegetation, Zwergsträuchern, Wacholderbüschen und Gehölzgruppen charakterisieren die Weidfelder der höheren Lagen. Charaktervögel dieser Landschaft sind gefährdete Brutvogelarten wie Neuntöter, Wiesen- und Baumpieper, Braunkehlchen und Goldammer. Jedoch ist auch das Grasland im Untersuchungsgebiet mit seinen artenreichen Biozönosen zunehmend durch Nutzungsintensivierung und den Ausbau der Tourismusinfrastruktur gefährdet. In unserer Studie untersuchen wir, welche Faktoren das Vorkommen gefährdeter Brutvogelarten von Grasland-Ökosystemen auf der Landschafts- und Habitatebene bestimmen. Basierend auf diesen Daten werden Konzepte für den effektiven Schutz der artenreichen Grasland-Ökosysteme im Südschwarzwald erarbeitet.

    Ausbreitung von Bromus erectus gefährdet auf lange Sicht die Biodiversität in Kalkmagerrasen

    Kalkmagerrasen, Leontodon hispidus, Biodiversitätshotspot
    Kalkmagerrasen mit Blühaspekt des Steifhaarigen Löwenzahns (Leontodon hispidus)

    [22. Mai 2018] Eine aktuelle Studie in der internationalen Fachzeitschrift Insect Conservation and Diversity belegt, dass durch die Ausbreitung der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) langfristig negative Auswirkungen auf die Biodiversität von Kalkmagerrasen zu erwarten sind. Während die Art in Süddeutschland bereits seit Jahrhunderten zu den dominierenden Süßgräsern in Kalkmagerrasen zählt, hat sie sich in Norddeutschland erst im Laufe des 20. Jahrhunderts ausgebreitet. Im Untersuchungsgebiet der Studie, dem Diemeltal, trat Bromus erectus selbst bis Ende der 1990er-Jahre nur vereinzelt auf. Mit dem Forstschreiten der globalen Klimaerwärmung hat sich die Art in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch auch hier massiv ausgebreitet und tritt nun in wärmebegünstigten Lagen verstärkt bestandsbildend auf. Bromus erectus kann sich unter zunehmender Trockenheit und steigenden Temperaturen hervorragend reproduzieren und im Vergleich zu konkurrenzschwächeren Pflanzenarten im Laufe einer Vegetationsperiode mehr Biomasse aufbauen. Dadurch wird die Ausbreitung der Art begünstigt. Diese Entwicklung hat im Diemeltal zu einer zunehmenden Homogenisierung der Vegetationsstruktur und einer signifikanten Abnahme der Pflanzenartenvielfalt in den von Bromus dominierten Kalkmagerrasenbeständen geführt. Gleichzeitig konnte in Probeflächen mit lediglich sehr geringer Deckung der Art eine erhöhte Diversität spezialisierter Zikadenarten nachgewiesen werden. Da zu erwarten ist dass sich Bromus erectus im Zuge des Klimawandels weiter ausbreiten wird, kann auf lange Sicht ohne gezieltes Management mit noch weitreichenderen Folgen für die Pflanzen- und Arthropodenvielfalt in Kalkmagerrasen gerechnet werden. Um den negativen Auswirkungen dieser Entwicklung entgegenzusteuern, sollten in den betroffenen Beständen angepasste Pflegemaßnahmen wie z.B. eine saisonale Intensivierung der Beweidung oder Brandmanagement erprobt werden.

    Poniatowski, D., Hertenstein, F., Raude, N., Gottbehüt, K., Nickel, H. & T. Fartmann (2018): The invasion of Bromus erectus alters species diversity of vascular plants and leafhoppers in calcareous grasslands. Insect Conservation and Diversity 11: 578–586. doi: doi.org/10.1111/icad.12302s.de

    Große Bedeutung von Allmendweiden für eine gefährdete Singvogelart

    Allmendweide, Traditionelle Landnutzung, Baumpieperhabitat
    Allmendweide in der prä-alpinen Agrarlandschaft Oberbayerns

    [07. Mai 2018] Agrarlandschaften spielen eine wichtige Rolle für den Erhalt der Biodiversität in Europa. Jedoch lassen sich für viele agrartypische Arten weiterhin dramatische Bestandseinbrüche dokumentieren. Dies ist vor allem eine Folge des Landnutzungswandels, der in Mitteleuropa zu einer zunehmenden Homogenisierung der Landschaft geführt hat. Dadurch wird beispielsweise das Angebot geeigneter Habitatstrukturen für Feldvögel stark eingeschränkt. Gleichzeitig führt diese Entwicklung heute zu einer zunehmenden Limitierung des Nahrungsangebots. Der Baumpieper (Anthus trivialis) war früher eine sehr weit verbreitete Art europäischer Agrarlandschaften. Seit den 1980er-Jahren ließen sich jedoch vielerorts dramatische Bestandseinbrüche verzeichnen. Die Brutbestände haben in den letzten 30 Jahren bundesweit um mehr als 50 % abgenommen. In einem Artikel in der Fachzeitschrift Journal of Ornithology konnte nun die herausragende Bedeutung von Allmendweide-Ökosystemen für den Baumpieper nachgewiesen werden. Im Vergleich zu der umgebenden Agrarlandschaft wiesen die besiedelten Reviere in den Allmenden eine höhere Landschaftsheterogenität auf. Die geringe Landnutzungsintensität in diesen traditionellen sozi-ökologischen Systemen gewährleistet der Art die Verfügbarkeit geeigneter Habitatstrukturen und eines ausreichenden Nahrungangebots. Da neben dem Baumpieper viele weitere naturschutzrelevante Arten von der traditionellen Allmendweidewirtschaft profitieren, sollte diese Landnutzungsform auch zukünftig dringend aufrechterhalten und intensiv gefördert werden.

    Schwarz, C., Trautner, J. & T. Fartmann (2018): Common pastures are important refuges for a declining passerine bird in a pre-alpine agricultural landscape. Journal of Ornithology 159: 945–954. doi: doi.org/10.1007/s10336-018-1561-0

    Umweltministerium NRW fördert Literaturstudie zum Insektensterben

    Wildbienen, Insektensterben, Bestäubungsökologie
    Schmuckbiene (Epeoloides coecutiens)

    [16. März 2018] Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) fördert eine Literaturstudie zur Untersuchung der Ursachen des Artensterbens und Biomasseverlustes bei Insekten. In Nordrhein-Westfalen werden aktuell 55 % der Schmetterlinge, 52 % der Wildbienen und Wespen, 48 % der Heuschrecken und 45 % der Libellen auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere des Landes NRW geführt. Durch langjährige Untersuchungen des Entomologischen Vereins Krefeld konnte empirisch belegt werden, dass die Fluginsekten-Biomasse in Nordrhein-Westfalen seit 1989 um bis zu 80 % abgenommen hat. Insekten nehmen eine Schlüsselfunktion in Ökosystemen ein. Einerseits leisten sie durch die Bestäubung von Blütenpflanzen, darunter auch viele Nutzpflanzen, unverzichtbare Ökosystemdienstleistungen. Darüber hinaus sind sie eine bedeutende Nahrungsquelle für viele Vogelarten. Das massive Insektensterben hat somit weitreichende Folgen für die Stabilität der Ökosysteme Mitteleuropas. Vor diesem Hintergrund besteht dringender Handlungsbedarf, dem Verlust der Insekten entgegenzusteuern. Um gezielte Maßnahmen einleiten zu können, müssen zuvor die bestehenden Wissenslücken über die Gründe des Rückgangs der Insekten geschlossen werden. Im Rahmen der nun geförderten Literaturstudie wird ein umfassender, ökosystemübergreifender Überblick über die vielfältigen Ursachen des Insektensterbens erarbeitet. Die Ergebnisse der Recherchen sollen den wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Arten- und Biomasseverlust der Insekten verbessern und dienen als Diskussionsgrundlage für politische Entscheidungsträger.

    Klimawandel begünstigt Besiedlung von Steinbrüchen durch gefährdete Heuschreckenart

    Steinbruch,Sukzession,Naturschutz,gefährdte Arten
    Steinbrüche – Hotspots der biologischen Vielfalt

    [26. Januar 2018] Der rezente Klimawandel begünstigt die Ausbreitung wärmeliebender Heuschreckenarten in Mitteleuropa. Durch den Mangel geeigneter Lebensräume in intensiv genutzten Landschaften konnten spezialisierte und gefährdete Arten aber bisher kaum von dieser Entwicklung profitieren. Die Ergebnisse einer in der Fachzeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung publizierten Studie belegen jedoch, dass die aktuelle Besiedlung von Kalksteinbrüchen in der Westfälischen Bucht durch die wärmeliebende Blauflügelige Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Folge des klimawandelbedingten Temperaturanstiegs ist. Die Ausbreitung der stark gefährdeten Art fällt in eine Periode, die durch deutlich höhere Temperaturen im Vergleich zum langjährigen Mittel gekennzeichnet ist. Diese Bedingungen fördern die Larvalentwicklung und Ausbreitungsfähigkeit der Art. Im Gegensatz dazu gibt es aus den letzten Jahrzehnten keine Hinweise für eine Zunahme geeigneter Habitate in der Westfälischen Bucht. Schlüsselfaktoren für die Besiedlung der untersuchten Steinbrüche waren erstens eine ausreichende Fläche an Pioniervegetation und zweitens eine geringe Entfernung zu den südwestlich gelegenen Quellpopulationen im Ruhrgebiet. Steinbrüche stellen in der heute intensiv genutzten Landschaft Mitteleuropas wichtige Lebensräume für den Schutz der Biodiversität dar. Aufgrund der sehr geringen Sukzessionsgeschwindigkeit sind Steinbrüche auch nach Einstellung des Gesteinsabbaus oft für Jahrzehnte durch das Vorkommen früher Sukzessionsstadien mit ihren typischen Artengemeinschaften gekennzeichnet und sollten deshalb verstärkt im Fokus des Naturschutzes stehen.

    Kettermann, M. & T. Fartmann (2018): Auswirkungen des globalen Wandels auf Heuschrecken – Besiedlung von Steinbrüchen der Westfälischen Bucht (NW-Deutschland) durch die Blauflügelige Sandschrecke. Naturschutz und Landschaftsplanung 50 (1): 23–29.

    Regenrückhaltebecken fördern Libellendiversität im urbanen Raum

    Libellen, Odonata, Ischnura pumilio, Biodiversität
    Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio)

    [12. Januar 2018] Die weltweit starke Zunahme urbanisierter Flächen ist eine ernstzunehmende Gefährdungsursache für die biologische Vielfalt. Umso bedeutender ist es, den negativen Folgen der Urbanisierung entgegenzuwirken. Die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung im Rahmen des Promotionsvorhabens von unserer Doktorandin Lisa Holtmann belegen in diesem Zusammenhang, dass Regenrückhaltebecken positive Auswirkungen auf die Biodiversität im urbanen Raum haben können. Bei den untersuchten Gewässern handelt es sich um neuartige Ökosysteme, die zum Hochwasserschutz im suburbanen Raum angelegt wurden, wohingegen die zum Vergleich herangezogenen Kontrollgewässer meist in der umgebenden Agrarlandschaft lagen. An Regenrückhaltebecken konnten im Vergleich zu den Kontrollgewässern im Mittel höhere Artenzahlen und höhere Libellenabundanzen nachgewiesen werden. Dabei waren insbesondere gefährdete Arten verstärkt an den Regenrückhaltebecken anzutreffen. Durch das regelmäßige Management der Regenrückhaltebecken wiesen diese in der Regel eine gute Habitatqualität auf, wohingegen die Kontrollgewässer beispielsweise durch ein ungünstigeres Mikroklima und eine höhere Phosphatkonzentration gekennzeichnet waren. Aufgrund dieser Tatsache spielen Regenrückhaltebecken trotz der geringen landschaftlichen Qualität in der Umgebung eine wichtige Rolle als Libellenlebensraum. Folglich kann den untersuchten Regenrückhaltebecken eine große Bedeutung für den Artenschutz in Städten beigemessen werden. Die Studie wurde im Rahmen des Promotionsstipendienprogramms der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert und wurde nun erfolgreich in der internationalen Fachzeitschrift Ecological Engineering publiziert.

    Holtmann, L., Juchem, M., Brüggeshemke, J., Möhlmeyer, A. & T. Fartmann (2018): Stormwater ponds promote dragonfly (Odonata) species richness and density in urban areas. Ecological Engineering 118: 1–11. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2017.12.028

    Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt bewilligt

    Heuschrecken, Orthoptera, Arcyptera fusca, Biodiversität
    Große Höckerschrecke (Arcyptera fusca)

    [20. Dezember 2017] Als Projektträger des Bundesprogramms Biologische Vielfalt fördert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) den Aufbau eines Onlineportals für Heuschrecken. Dieses Teilvorhaben im Rahmen des Projektes „Werkzeuge zur Erfassung biologischer Beobachtungsdaten in Deutschland (WerBeo) “ wird von uns in Kooperation mit der Universität Rostock umgesetzt. Der Aufbau des Onlineportals für Heuschrecken hat zum Ziel, deutschlandweite Beobachtungsdaten einer weiteren naturschutzrelevanten Artengruppe der wissenschaftlichen Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Dabei wird ein zentrales, innovatives Informationssystem entwickelt, welches den Nutzern ermöglicht biologische Beobachtungsdaten online einzugeben und einzusehen. Derartige Beobachtungsdaten stellen unverzichtbare Informationen dar, anhand derer die Entwicklung der Biodiversität auf regionaler und nationaler Ebene wissenschaftlich dokumentiert und ausgewertet werden kann. Derzeit sind beispielsweise über 40 % der in Deutschland nachgewiesenen Heuschreckenarten durch anthropgen bedingte Veränderungen in der Landnutzung gefährdet. Gleichzeitig konnten in Deutschland im Zuge des Klimawandels in der jüngeren Vergangenheit jedoch teils massive Ausbreitungen wärmeliebender Heuschreckenarten nachgewiesen werden. Beobachtungsdaten, die diese Entwicklungen belegen, wurden bisher aber häufig dezentral erfasst. Die aufgezeigten ökologischen Veränderungen verdeutlichen die Relevanz einer zentralen Datenplattform für Heuschrecken mit dem Ziel einer verbesserten Dokumentation von Biodiversitätsdaten in Deutschland.

    Weihnachtsbaumkulturen im Sauerland haben große Bedeutung für Rote-Liste-Arten

    Rote-Liste-Arten, Goldammer, Weihnachtsbaumkulturen
    Goldammer (Emberiza citrinella)

    [04. Dezember 2017] Der systematische Anbau von Weihnachtsbäumen in Mitteleuropa ist ein recht junges Phänomen. Aktuell beträgt die Anbaufläche von Weihnachtsbäumen im Sauerland, dem wichtigsten europäischen Anbaugebiet, etwa 18.000 ha. Im Rahmen einer aktuellen Studie haben wir umfassend untersucht, wie es um die Avifauna dieses neuartigen Ökosystems steht. Die Ergebnisse belegen deutlich, dass Weihnachtsbaumkulturen in der intensiv genutzten Landschaft des Sauerlandes einen hohen Wert als Lebensraum für gefährdete Brutvogelarten haben. Im Vergleich zu konkurrierenden Landnutzungstypen, wiesen Weihnachtsbaumkulturen gemeinsam mit Windwurfflächen die größte Diversität und die höchsten Dichten gefährdeter Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens auf. So konnten für die Rote-Liste-Arten Goldammer, Fitis, Bluthänfling, Heidelerche und Baumpieper mitunter hohe Dichten in den Weihnachtsbaumkulturen nachgewiesen werden. Im Fall der Heidelerche sind die Vorkommen in Weihnachtsbaumkulturen sogar von landesweiter Bedeutung. Ein Beitrag im aktuellen Heft des Journals für Vogelbeobachter – Der Falke liefert eine anschauliche Zusammenfassung der Ergebnisse unserer Untersuchungen. Die Studie wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Fartmann, T., Kämpfer, S. & F. Löffler (2017): Wichtige Bruthabitate für Rote-Liste-Arten: Weihnachtsbaumkulturen im Hochsauerland. Der Falke 64 (12): 20–23.

    Veränderung der Wirtspflanzenqualität fördert zwei häufige Tagfalterarten Mitteleuropas

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    Kleiner Fuchs (Aglais urticae)

    [06. November 2017] Ein aktuell publizierter Artikel in der internationalen Fachzeitschrift Acta Oecologica belegt, dass Schmetterlingsarten die sich von Brennnesselgewächsen ernähren, von der exzessiven Stickstoffanreicherung in landwirtschaftlich intensiv genutzten Landschaften profitieren können. Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) und das Tagpfauenauge (Aglais io) zählen zu den wenigen Schmetterlingsarten, die trotz der massiven ökologischen Veränderungen im Zuge des Landnutzungswandels in Mitteleuropa weiterhin sehr häufig sind. In der experimentellen Studie, die in Kooperation mit der Universität Potsdam federführend von unserer externen Masterstudierenden Susanne Kurze durchgeführt wurde, konnte gezeigt werden, dass Individuen beider Arten an gedüngten Wirtspflanzen durch höhere Überlebensraten, eine schnellere Larvalentwicklung, sowie ein höheres Gewicht der Puppen gekennzeichnet waren. Die Imagines von Aglais io wiesen zudem längere Vorderflügel auf. Die Auswirkungen der Düngung erhöhen somit die Überlebenswahrscheinlichkeit und das Reproduktionspotenzial beider Schmetterlingsarten. Unsere Ergebnisse legen dar, dass sich nicht nur die Ausbreitung von Brennnesseln durch die zunehmende Eutrophierung, sondern auch Veränderungen in der Wirtspflanzenqualität positiv auf die mitteleuropäischen Bestände der beiden Tagfalterarten auswirken können.

    Kurze, S., Heinken, T. & T. Fartmann (2017): Nitrogen enrichment of host plants has mostly beneficial effects on the life-history traits of nettle-feeding butterflies. Acta Oecologica 85: 157–164. doi: doi.org/10.1016/j.actao.2017.11.005

    Positives Fazit nach Besuch der Jahresversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G)

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    Alte Eichenallee in der extensiv genutzten Agrarlandschaft der Prignitz

    [06. Oktober 2017] Franz Löffler wurde auf der 150. Jahresversammlung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) für seinen Tagungsbeitrag „Auswirkungen der Landschafts- und Vegetationsstruktur auf eine stark gefährdete Vogelart der Agrarlandschaft“ mit dem 3. Preis im Jungreferenten-Wettbewerb ausgezeichnet. Die diesjährige Jubiläumstagung fand unter dem Motto „Ornithologie – von der Vergangenheit in die Zukunft“ in Halle (Saale) statt. Viele Tagungsbeiträge beschäftigten sich mit den Auswirkungen des Landnutzungswandels und des Ausbaus regenerativer Energiequellen auf die mitteleuropäische Avifauna. Dabei zeigen die dramatischen Bestandseinbrüche der Feldvögel in Mitteleuropa exemplarisch auf, welche Folgen die fortwährende Intensivierung der Landwirtschaft für die Biodiversität in Agrarlandschaften hat. Mit dem Beitrag zu den Habitatpräferenzen des Ortolans (Emberiza hortulana) konnte die zwingende Notwendigkeit agrarpolitischer Maßnahmen für eine naturschutzgerechte, zukunftsfähige und sozial-gerechte Landwirtschaft noch einmal unterstrichen werden. Gleichzeitig konnte Steffen Kämpfer mit seinem Tagungsbeitrag zur Bedeutung von „Weihnachtsbaumkulturen als Ersatzlebensraum für bedrohte Vogelarten der Agrarlandschaft“ in bemerkenswerter Weise verdeutlichen, dass auch intensiv genutzte, neuartige Ökosysteme wie Weihnachtsbaumkulturen einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten können. Aufgrund des geringen ökologischen Kenntnisstandes der Avizönosen dieses Lebensraums und der aus Sicht des Vogelschutzes überraschend positiven Ergebnisse wurden wir im Anschluss an seinen Tagungsbeitrag dazu eingeladen unsere Forschungsergebnisse in einem Beitrag im Journal für Vogelbeobachter – Der Falke einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

    Habitatqualität, Flächengröße und Konnektivität – Grundlagen für einen erfolgreichen Artenschutz

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    Kurzflügelige Beißschrecke (Metrioptera brachyptera)

    [04. September 2017] Ein aktuell erschienener Artikel in der Fachzeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung liefert einen umfassenden Überblick, welche Faktoren für einen erfolgreichen Artenschutz berücksichtigt werden müssen. Der Landnutzungswandel ist verantwortlich für Degradierung, Verlust und Fragmentierung vieler Habitate Mitteleuropas mit negativen Auswirkungen auf die Biodiversität. Anhand verschiedener Beispiele verdeutlicht der Artikel, dass sowohl die Habitatqualität als auch Flächengröße und Konnektivität darüber entscheiden, ob die Artenvielfalt langfristig erhalten werden kann. Zudem steht der Klimawandel zunehmend im Fokus des Naturschutzes. Beispielsweise werden für die Kurzflügelige Beißschrecke (Metrioptera brachyptera) und den Schlüsselblumen-Würfelfalter (Hamearis lucina) infolge des erhöhten Austrocknungsrisikos in Kalkmagerrasen starke Bestandseinbrüche prognostiziert. Auch wenn Metrioptera brachyptera über längere Zeit in stark isolierten Habitaten überdauern kann, ist zukünftig mit einem weiteren Rückgang der Art zu rechnen, da die Larvalentwicklung der Art an eine ausreichende Feuchtigkeit in ihren Habitaten geknüpft ist. Aufgrund des hohen Vertrocknungsrisikos der Wirtspflanze Primula veris im Frühjahr, sind auch die Vorkommen von Hamearis lucina in den Kalkmagerrasen einiger Regionen Mitteleuropas zunehmend bedroht. Auch wenn die Art bedingt in der Lage ist durch Risikostreuung bei der Eiablage auf diese Gefahr zu reagieren, wird eine Anpassung an die zukünftigen Klimabedingungen durch die geringe Mobilität der Art und fehlende Ausweichhabitate stark eingeschränkt. Folglich sollte der Naturschutz in Zeiten des globalen Wandels in seinen Bemühungen zum Arten- und Biotopschutz auf eine Erhöhung der Habitatqualität und -heterogenität innerhalb der Habitate, eine Vergrößerung der Flächengröße und eine Verbesserung der Konnektivität abzielen.

    Fartmann, T. (2017): Überleben in fragmentierten Landschaften – Grundlagen für den Schutz der Biodiversität Mitteleuropas in Zeiten des globalen Wandels. Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (9): 277–282.

    Heuschrecken profitieren von traditioneller Landnutzung in Buckelwiesen

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    Buckelwiese in den Bayerischen Kalkalpen

    [16. August 2017] Die traditionelle Landnutzung hat in Mitteleuropa erheblich zur Entstehung artenreicher Ökosysteme beigetragen. Die Buckelwiesen im bayerischen Alpenraum sind Zeugnis einer über Jahrhunderte fortwährenden Heuwiesennutzung und weisen zudem geomorphologisch bedingt eine hohe Habitatheterogenität auf. Durch die jährliche Sensenmahd und den Verzicht auf Düngemittel, haben sich auf den Buckelfluren artenreiche Lebensgemeinschaften etabliert, die hervorragend an die nährstoffarmen Standortbedingungen angepasst sind. Jedoch ist im Laufe des letzten Jahrhunderts in Folge von Aufforstung oder Einebnung der Buckelwiesen die Ausdehnung dieses Lebensraumtyps im Alpenraum um über 95% geschrumpft. Die verbliebenen Flächen haben jedoch bis heute eine herausragende Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität und sind charakteristischer Bestandteil der Kulturlandschaft im nördlichen Alpenraum. Im Rahmen einer aktuellen Untersuchung konnte nun gezeigt werden, dass Heuschrecken von der Heterogenität der Buckelwiesen und der traditionellen Bewirtschaftung profitieren. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass insbesondere das Vorkommen gefährdeter Arten von der Mahdnutzung begünstigt wird. Aber auch kurzfristig brachgefallene Bestände, die nur in unregelmäßigen Abständen genutzt werden, fördern die Diversität der Buckelwiesen. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen damit die Bedeutung des Fortbestands der traditionellen Landutzung für den Erhalt der Artenvielfalt in dieser einzigartigen Kulturlandschaft. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Agriculture, Ecosystems & Environment veröffentlicht.

    Löffler, F. & T. Fartmann (2017): Effects of landscape and habitat quality on Orthoptera assemblages of pre-alpine calcareous grasslands. Agriculture, Ecosystems and Environment 248: 71–81. doi: 10.1016./j.agee.2017.07.029

    Masterabsolventin mit Jacob-Jacobi-Preis für besten Studienabschluss geehrt

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    Preisträgerin Susanne Kurze und Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus)

    [08. August 2017] Mit dem Jacob-Jacobi-Preis wird alljährlich der beste Studienabschluss an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam ausgezeichnet. Der diesjährige Preis wurde an unsere externe Masterabsolventin Susanne Kurze verliehen. Susanne Kurze hat ihr Masterstudium in Ökologie, Evolution und Naturschutz an der Universität Potsdam mit der Bestnote abgeschlossen. In ihrer Masterarbeit mit dem Titel „More losers than winners – Response of common butterflies and moths to host plant fertilisation“ untersuchte sie den Einfluss von landwirtschaftlich gedüngten Futterpflanzen auf verschiedene, in Mitteleuropa weit verbreitete Schmetterlingsarten. Der untersuchte Zusammenhang fand in der Wissenschaft bisher kaum Berücksichtigung, obwohl die Abhängigkeit der Schmetterlinge von der Qualität ihrer Wirtspflanzen seit Langem bekannt ist. In ihren Untersuchungen konnte sie zeigen, dass die Entwicklung der Mehrheit der untersuchten Schmetterlinge durch die Düngung negativ beeinflusst wird. Dies gilt insbesondere für Arten, die sich von Gräsern oder Sauerampfer ernähren. So zeigten z.B. die Raupen des Braunen Feuerfalters (Lycaena tityrus) bereits bei einer Düngermenge von unter 100 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr erhöhte Mortalitätsraten. Da die Stickstoffraten in Mitteleuropa vielerorts über diesem Wert liegen, kann mit diesem Zusammenhang eine Ursache für den Rückgang der Art in Mitteleuropa belegt werden. Positive Effekte waren lediglich für Arten, die sich von Brennnesselgewächsen ernähren zu verzeichnen. Die drastische Zunahme der atmosphärischen Stickstoffeinträge infolge der landwirtschaftlichen Intensivierung gilt als eine der Hauptgefährdungsursachen für die Biodiversität und verschiedene Ökosystemfunktionen. Das Thema der Arbeit hat damit eine hohe Relevanz für den Erhalt der biologischen Vielfalt in intensiv genutzten Agrarlandschaften.

    Buddeln für die Artenvielfalt – Ökosystemingenieure fördern die Biodiversität im Grasland

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    Kleiner Feuerfalter (Lycaena phlaeas)

    [03. August 2017] Das Vorkommen vieler konkurrenzschwacher und thermophiler Arten im Grasland ist an das Vorhandensein geeigneter Mikrohabitate mit einem hohen Offenbodenanteil gekoppelt. Beispielsweise nutzen viele Schmetterlingsarten Offenbodenhabitate bevorzugt als Larvalhabitat, da derartige Strukturen ein günstiges Mikroklima aufweisen und gleichzeitig das Vorkommen der Wirtspflanzen fördern. Jedoch ist im produktiven oder verbrachten Grasland häufig ein Mangel an solchen Störstellen festzustellen, sodass die Bestände störungsabhängiger Arten in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten teils drastisch zurückgegangen sind. Häufig stellen in solchen Beständen die von bodenstörenden Ökosystemingenieueren, wie z.B. Ameisen und Maulwürfen, geschaffenen Störstellen die einzigen Offenbodenhabitate dar. Deshalb ist der Einfluss dieser Organismen auf die Biodiversität von besonderem Interesse. Im Rahmen mehrerer aktueller Studien konnte am Beispiel von Pflanzen und Schmetterlingen die besondere Bedeutung der Ökosystemingenieure für die Artenvielfalt in mitteleuropäischen Grasland-Ökosystemen aufgezeigt werden. Ein aktuell erschienener Artikel in der wissenschaftlichen Zeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung gibt einen umfassenden Überblick über die Ergebnisse der Untersuchungen.

    Streitberger, M. & T. Fartmann (2017): Bodenstörende Ökosystem-Ingenieure im mitteleuropäischen Grasland und ihre Bedeutung für die Biodiversität. Eine Analyse am Beispiel der Gelben Wiesenameise und des Europäischen Maulwurfs. Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (8): 252–259.

    Homepage zur nachhaltigen Renaturierung von Kalkmagerrasen geht online

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    Artenreiche Schlagflur im Projektgebiet (Diemeltal)

    [18. Juli 2017] Auf der Projekthomepage des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens: „Nachhaltige Renaturierung von Kalkmagerrasen in Zeiten des Globalen Wandels“ informieren wir Sie ab sofort regelmäßig über unsere projektbezogenen Forschungstätigkeiten. In dem Vorhaben, das vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert wird, sollen in Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern zahlreiche Kalkmagerrasen renaturiert und die Auswirkungen der Maßnahmen mit modernen wissenschaftlichen Methoden evaluiert werden. Dabei erproben und entwickeln wir in unserem Projektgebiet Verfahren, die auch in anderen Gebieten erfolgreich angewandt werden können. Aktuell führen wir ökologische Untersuchungen durch, deren Ergebnisse als Grundlage für die nachfolgenden Renaturierungsmaßnahmen dienen sollen. Unter anderem wird dabei anhand verschiedener Indikatorgruppen die Entwicklung bereits entbuschter Kalkmagerrasen evaluiert. Damit die Auswirkungen der Renaturierungsmaßnahmen bewertet werden können, ist es zudem wichtig den Zustand der Flora und Fauna vor Durchführung der Maßnahmen zu kennen. Deshalb wird in der Vorstudie der Ist-Zustand der zu renaturierenden Probeflächen erfasst. Als Untersuchungsobjekte dienen dabei Pflanzen, Tagfalter, Heuschrecken und Zikaden.

    Neue Studie über Zikaden unterstreicht die Bedeutung der Strukturvielfalt in Silikatmagerrasen

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    Gemeine Blutzikade (Cercopis vulnerata)

    [24. Juni 2017] Die Grasland-Ökosysteme Europas sind in zunehmendem Maße gefährdet. Insbesondere die landwirtschaftliche Intensivierung, aber auch die Aufgabe traditioneller Landnutzungsformen haben in Mitteleuropa zu einem gravierenden Rückgang der Artenvielfalt geführt. Jedoch bestehen gleichzeitig für einige Artengruppen erhebliche Wissensdefizite, welche Umweltfaktoren die Diversitätsmuster entscheidend beeinflussen. Der Wissensstand über die Ökologie von Zikaden ist bis heute unzureichend. Diese Modellgruppe eignet sich aufgrund ihres Artenreichtums und ihrer sehr spezifischen Umweltansprüche jedoch hervorragend für naturschutzfachliche Bewertungen. Im Rahmen unserer Untersuchungen konnten wir nun zeigen, dass sich die Habitatheterogenität und die Strukturvielfalt der umgebenden Landschaft positiv auf die Artenzahl der Zikaden in Silikatmagerrasen auswirken. Im Gegensatz dazu wiesen die Habitate, die zu einem größeren Anteil von Äckern umgeben sind, eine geringere Artenvielfalt auf. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen unterstreichen damit die Bedeutung strukturreicher Kulturlandschaften für den Erhalt der Biodiversität in Mitteleuropa. Die Studie ist in der internationalen Fachzeitschrift Agriculture, Ecosystems & Environment erschienen.

    Helbing, F., Fartmann, T., Löffler, F. & D. Poniatowski (2017): Effects of local climate, landscape structure and habitat quality on leafhopper assemblages of acidic grasslands. Agriculture, Ecosystems and Environment 246: 94–101. doi: 10.1007/s11252-017-0677-y

    Amphibien profitieren von Regenrückhaltebecken im urbanen Raum

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    Laubfrosch (Hyla arborea)

    [28. Mai 2017] Die Urbanisierung gilt als eine der Hauptursachen für den globalen Biodiversitätsverlust und hat zu einem Rückgang vieler Amphibienarten beigetragen. In einer nun veröffentlichten Studie wurde untersucht, ob sich urbane Regenrückhaltebecken als Habitat für Amphibien eignen. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Gewässer trotz ihrer oft stark isolierten Lage günstige Habitatbedingungen für Amphibien bereitstellen. Durch das regelmäßige Management der Regenrückhaltebecken bieten diese gute Voraussetzungen für die Larvalentwicklung der Arten. Zum langfristigen Erhalt der Amphibienpopulationen in urbanen Gebieten, sollte jedoch eine Erhöhung der Konnektivität der Gewässer angestrebt werden. Unter diesen Voraussetzungen können Regenrückhaltebecken einen wichtigen Beitrag für den Biodiversitätsschutz in Städten leisten. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Urban Ecosystems erschienen.

    Holtmann, L., Philipp, K., Becke, C. & T. Fartmann (2017): Effects of habitat and landscape quality on amphibian assemblages of urban stormwater ponds. Urban Ecosystems 20: 1249–1259. doi: 10.1007/s11252-017-0677-y

    Berufung in den Redaktionsbeirat des Journal of Insect Conservation

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    Titelbild des Journal of Insect Conservation

    [13. Mai 2017] Prof. Dr. Thomas Fartmann wurde in den Redaktionsbeirat der Fachzeitschrift Journal of Insect Conservation berufen. Das Journal ist eine der international führenden entomologischen Zeitschriften und veröffentlicht die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zur Biodiversität und zum Schutz von Insekten und nah verwandten Artengruppen. Auf Grund des drastischen Biodiversitätsverlustes, besteht heute weltweit dringender Forschungsbedarf zur Entwicklung geeigneter Maßnahmen für den Schutz von Insekten und ihren Habitaten. Eines der Hauptziele der Zeitschrift ist es deshalb, die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung und den praktischen Naturschutz stärker zu verknüpfen. Mit der Berufung in das Editorial Board wird Thomas Fartmann für über 100 entomologische Publikationen und seine langjährigen Forschungsarbeiten im Bereich Ökologie und Naturschutz gewürdigt.

    Forschungsförderung der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft für Promotionsvorhaben


    Sumpfohreule (Asio flammeus)

    [26. April 2017] Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) unterstützt das Promotionsvorhaben unseres Doktoranden Steffen Kämpfer mit zusätzlichen Sachmitteln. In dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Vorhaben werden umfassende Analysen zum Bruterfolg, zu den Habitatpräferenzen und zur Raumnutzung der Sumpfohreule auf den Ostfriesischen Inseln durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchungen werden u.a. radiotelemetrische Verfahren eingesetzt. Dabei werden nestjunge Sumpfohreulen mit Sendern ausgestattet und ihre Bewegungsmuster durch automatische Telemetriestationen erfasst. Auf diese Weise können Verhaltensweisen wie Rast, Nahrungssuche und Ortsveränderungen innerhalb einer Insel, aber auch Ortswechsel z.B. auf eine benachbarte Insel oder das Festland registriert werden. Die Bewegungsmuster der Eulen können wichtige Hinweise zu möglichen Gefährdungsursachen der Art liefern. Mit den nun bewilligten Mitteln sollen zusätzliche Telemetriesender angeschafft werden um in der Studie statistisch möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen.

    Totholzanreicherung fördert Gastropoden in montanen Buchenwäldern


    Totholzreiche Buchenwälder fördern Artenvielfalt

    [24. April 2017] Auch wenn Schnecken nicht zu den holzbewohnenden Organismen gezählt werden, profitieren sie von totholzreichen Wäldern. In einer experimentellen Studie konnte nun gezeigt werden, dass Totholzanreicherung in montanen Wäldern zu einer erhöhten Aktivitätsdichte der Gastropoden führt. Die Untersuchung im Rahmen der Bachelorarbeit von Tobias Kirchenbaur zeigt einen deutlichen Anstieg der Schneckenaktivität mit zunehmender Nähe zu Totholz. Die Menge an Totholz war insbesondere in schattigen Wäldern von entscheidender Bedeutung für die Gastropoden. Die Studie unterstreicht die Bedeutung von Totholz für die Biodiversität in den Wäldern Mitteleuropas. Der Erhalt und die Förderung naturnaher Wälder sollte deshalb stärker in den Fokus der Forstwirtschaft rücken. Der Artikel ist in der Fachzeitschrift Forest Ecology and Management erschienen.

    Kirchenbaur, T., Fartmann, T., Bässler, C., Löffler, F., Müller, J., Strätz, C. & S. Seibold (2017): Small-scale positive response of terrestrial gastropods to dead-wood addition is mediated by canopy openness. Forest Ecology and Management 396: 85–90. doi: doi.org/10.1016/j.foreco.2017.03.034

    DBU fördert Forschungsvorhaben zum Schutz von Bergheide-Ökosystemen


    Bergheide-Ökosysteme – Lebensraum von internationaler Bedeutung

    [03. April 2017] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ein Projekt zur Optimierung der Management- und Renaturierungsmaßnahmen von Bergheide-Ökosystemen. Bergheiden haben eine große Bedeutung für den europäischen Artenschutz und tragen zugleich zur regionalen touristischen Wertschöpfung bei. Der internationalen Bedeutung dieses Lebensraumtyps steht ein drastischer Flächenrückgang im letzten Jahrhundert gegenüber. Trotz langjähriger Versuche zum Management und zur Renaturierung von Bergheiden im Rothaargebirge bestehen weiterhin Wissensdefizite, insbesondere zu einer zielführenden Renaturierung von Bergheiden. In dem Projekt werden in enger Zusammenarbeit von Naturschutzpraxis und Forschung Lösungen für bestehende Managementkonflikte in den Bergheiden des Rothaargebirges und Konzepte für die Wiederherstellung ehemaliger Heidestandorte erarbeitet. In Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern evaluieren wir den Erfolg durchgeführter Management- und Renaturierungsmaßnahmen. Anhand der Ergebnisse wissenschaftlich fundierter Studien werden Methoden zum langfristigen Erhalt von Bergheide-Ökosystemen im Rothaargebirge entwickelt.

    Stipendium für Teilnahme an Summer School zu Bestäubungsökologie in Rumänien


    Traditionelle Heuwiese in der rumänischen Kulturlandschaft
    [17. März 2017] In Zusammenarbeit mehrerer deutscher und rumänischer Universitäten und Forschungseinrichtungen wurde eine Summer School zum Thema Bestäubungsökologie ins Leben gerufen. An der Veranstaltung nehmen insgesamt zehn Studierende aus Rumänien und Deutschland teil. Wir freuen uns, dass unser Mitarbeiter und Masterstudierender Gwydion Scherer vom wissenschaftlichen Auswahlkomitee für die Teilnahme an der internationalen Summer School ausgewählt wurde. Die Veranstaltung findet im Apuseni Naturpark in den Westkarpaten statt. Das Gebiet zählt zu den ärmsten Regionen Europas. Durch den Erhalt traditioneller Landnutzungsformen weist das Gebiet jedoch bis heute eine enorme Artenvielfalt auf und bietet Studierenden sehr gute Voraussetzungen für ökologische Beobachtungen. Während der diesjährigen Summer School werden bestäubungsökologische Daten erhoben und anschließend ausgewertet. Dabei sollen ökologische Mechanismen zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern anhand statistischer Analysen aufgeschlüsselt werden. Der Aufenthalt wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung gefördert.

    Schwermetallrasen bieten gute Habitatbedingungen für eine stark gefährdete Tagfalterart


    Mittlerer Perlmutterfalter (Argynnis niobe)
    [02. März 2017] Das Verbreitungsgebiet des Mittleren Perlmutterfalters (Argynnis niobe) in Deutschland ist in den letzten 100 Jahren um über 90 % geschrumpft. Anhand detaillierter Habitatanalysen konnte nun gezeigt werden, dass sich die Habitate in Schwermetallrasen grundlegend von großflächigen Vorkommen auf den Ostfriesischen Inseln unterscheiden. Als Schlüsselfaktor wurde das erhöhte Wirtspflanzenangebot in Schwermetallrasen ermittelt. Durch den hohen Schwermetallgehalt im Boden wird das Wachstum konkurrenzstarker Pflanzenarten eingeschränkt, wohingegen die Wirtspflanze, das Gelbe Galmei-Veilchen (Viola calaminaria), sehr hohe Deckungen erreicht. Im Gegensatz dazu weisen die Habitate auf den Ostfriesischen Inseln eine wesentlich geringere Wirtspflanzendeckung auf. A. niobe benötigt hier sehr große Flächen um dauerhaft zu überleben. Der Verlust großflächiger Habitate kann als Hauptursache für den drastischen Rückgang der Art in Mitteleuropa angesehen werden. Jedoch konnte mit der aktuellen Studie gezeigt werden, dass bei einer Erhöhung der Habitatqualität auch ein Fortbestand in kleineren Metatpopulationen möglich ist. Die Studie ist im Journal of Insect Conservation erschienen.

    Salz, A. & T. Fartmann (2017): Larval-habitat preferences of a threatened butterfly species in heavy-metal grasslands. Journal of Insect Conservation 21: 129–136. doi: doi.org/10.1007/s10841-017-9961-7

    Aktuelle Studie belegt Renaturierungserfolg in Bergheide-Ökosystemen


    Renaturierungsfläche mit Besenheide (Calluna vulgaris)
    [14. Februar 2017] In einer aktuellen Studie der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie wurde die Zusammensetzung der Vegetation auf renaturierten Kahlschlagsflächen im Vergleich zu intakten Bergheide-Ökosystemen und Kontrollflächen im Rothaargebirge analysiert. Im Vergleich zu nicht-renaturierten Kontrollflächen wiesen die Renaturierungsflächen bereits eine deutlich höhere Deckung an Zielarten auf. Durch die erfolgreiche Verjüngung bergheidetypischer Arten infolge der Übertragung von regionalem Saatgut unterschieden sich die Renaturierungsflächen weniger stark von intakten Bergheide-Ökosytemen. In der Studie konnte jedoch auch gezeigt werden, dass das geringe generative Reproduktionspotenzial einiger Zielarten den Renaturierungserfolg limitiert. Für die zukünftige positive Entwicklung der Flächen sind weitere Renaturierungsmaßnahmen erforderlich. Der Artikel ist in der Fachzeitschrift Ecological Engineering erschienen.

    Borchard, F., Härdtle, W., Streitberger, M., Stuhldreher, G., Thiele, J. & T. Fartmann (2017): From deforestation to blossom – Large-scale restoration of montane heathland vegetation. Ecological Engineering 101: 211–219. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2017.01.039

    Internationale Rote Liste der IUCN für die Heuschrecken Europas erschienen

    Pyrenäen-Gebirgsschrecke (Cophopodisma pyrenaea)
    [19. Januar 2017] Unter Mitarbeit von Prof. Thomas Fartmann wurde in einem Team von mehr als 50 internationalen Experten der Gefährdungsstatus von über 1.000 Heuschreckenarten erfasst. Die europäische Rote Liste wurde nach den Kriterien der International Union for Conservation of Nature (IUCN) erstellt. In der Publikation werden Gefährdungsstatus, Verbreitungsmuster, Habitatansprüche und Managementempfehlungen für alle europäischen Heuschreckenarten analysiert. Demnach sind mehr als ein Viertel der europäischen Heuschreckenarten auf kontinentaler Ebene gefährdet. Habitatspezialisten und kleinräumig gefährdete Arten zählen zu den am stärksten gefährdeten Arten. Dabei hat sich gezeigt, dass die Intensivierung der Landnutzung die bedeutendste Gefährdungsursache für Heuschrecken ist. Die Publikation verdeutlicht dass dringend weitere Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielalt in Europa notwendig sind.

    Hochkirch et al. (2016): European Red List of Grasshoppers, Crickets and Bush-crickets. Luxembourg: Publications Office of the European Union.

    Ameisen fördern Habitatheterogenität und Biodiversität in Grasland-Ökosystemen

    Frühblühender Thymian (Thymus praecox)
    [09. Januar 2017] Durch den fortschreitenden Landnutzungswandel sind artenreiche Grasland-Ökosysteme heute stark gefährdet. In einer aktuellen Studie der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie konnte nun gezeigt werden, dass neben dem Habitatmanagement auch Ökosystemingenieure wie die Gelbe Wiesenameise (Lasius flavus) kleinräumige Mikrostandorte schaffen, die die Heterogenität und Artenvielfalt in Grasland-Ökosystemen erhöhen können. Anhand der Ergebnisse der Untersuchung konnte herausgestellt werden, dass Ameisen durch grabende Aktivitäten an ihren Nestern zu einer Veränderung der Bodenverhältnisse und Vegetationsstruktur im Vergleich zu der umgebenden Vegetation in Kalkmagerrasen führen. Dabei liesen sich jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf Gefäßpflanzen und Moose feststellen. Der Artikel erscheint im Februar 2017 in der Fachzeitschrift Ecological Engineering.

    Streitberger, M., Schmidt, C. & T. Fartmann (2017): Contrasting response of vascular plant and bryophyte species assemblages to a soil-disturbing ecosystem engineer in calcareous grasslands. Ecological Engineering 99: 391–399. doi: doi.org/10.1016/j.ecoleng.2016.11.037

    Bundesamt für Naturschutz fördert Projekt zur Renaturierung von Kalkmagerrasen

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    Großflächiger Kalkmagerrasen im Diemeltal (Nordhessen)
    [09. Dezember 2016] Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert ein Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E) zur Renaturierung von Kalkmagerrasen. Dieser Lebensraumtyp zählt zu den artenreichsten Ökosystemen Europas und hat eine herausragende Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität. Auf Grund des derzeit unzureichenden Erhaltungszustands von Kalkmagerrasen in Mitteleuropa besteht dringender Handlungsbedarf. Trotzdem gibt es massive Kenntnisdefizite zur Wiederherstellung von artenreichen Kalkmagerrasen-Zönosen. In Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern versuchen wir in dem Vorhaben durch die Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren, Nutzung von Gehölzaufwuchs als regenerativen Energieträger und moderne wissenschaftliche Evaluationen diese Wissensdefizite zu beheben. Das Projekt hat zum Ziel, nachhaltige und kostenneutrale Renaturierungsmethoden für die Wiederherstellung artenreicher Kalkmagerrasen-Lebensgemeinschaften zu entwickeln.

    Berufung in die Geographische Kommission für Westfalen

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    Alte Hudelandschaft an der Ems bei Telgte (Westfalen)
    [02. Dezember 2016] Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung wurde Prof. Thomas Fartmann in die Geographische Kommission für Westfalen berufen. Die Kommission betreibt und unterstützt geographisch-landeskundliche Forschung über Westfalen. Die Mitglieder führen ehrenamtlich und interdisziplinär Studien zu den unterschiedlichsten geographischen Themen durch. Dabei werden neben wirtschafts-, sozial- und humangeographischen Aspekten, auch Themen der Ökologie und Landschaftsplanung behandelt. Seit Beginn seiner Forschungstätigkeiten hat Prof. Thomas Fartmann eine Vielzahl von Studien mit tier- und vegetationsökologischen Fragestellungen in Westfalen durchgeführt. Im Fokus der aktuellen Studien der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie stehen die Auswirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf die Biodiversität in fragmentierten Landschaften, Renaturierungs- und Störungsökologie, sowie die Bedeutung neuartiger Ökosysteme („novel ecosystems“) für gefährdete Arten.

    Gratulation an Merle Streitberger zum erfolgreichen Abschluss ihrer Doktorarbeit

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    Frischgebackene Doktorin Merle Streitberger mit Prof. T. Fartmann
    [21. November 2016] Wir gratulieren Dr. Merle Streitberger ganz herzlich zum erfolgreichen Abschluss ihrer Promotion. Der Titel der Dissertation lautet: „Ants and moles as ecosystem engineers – The role of small-scale disturbance for biodiversity in central European grasslands.“ Die Doktorarbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss von Ameisen und Maulwürfen auf die Biodiversität in Grasland-Ökosystemen Mitteleuropas. In ihren Studien konnte Merle Streitberger in vielschichtiger Weise die Bedeutung dieser Ökosystemingenieure für die Artenvielfalt im Grasland zeigen. Durch ihre grabenden Aktivitäten schaffen Ameisen und Maulwürfe rohbodenreiche Mikrohabitate, die eine herausragende Bedeutung für konkurrenzschwache Schmetterlings- und Pflanzenarten haben. Dabei spielen insbesondere mikroklimatische Aspekte eine bedeutende Rolle. Die Ergebnisse der Dissertation wurden bisher in fünf internationalen Publikationen veröffentlicht.

    Erfolgreiche Kongressreise endet mit Auszeichnung für besten Tagungsbeitrag

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    Preis für den besten Vortag auf dem 12. ICO in Ilhéus, Brasilien
    [05. November 2016] Unser Doktorand Franz Löffler wurde auf dem 12th International Congress of Orthopterology (ICO) mit dem Best Oral Presentation Award für seinen Tagungsbeitrag „Survival in a changing environment – Effects of land-use and climate change on Orthoptera in montane grasslands“ ausgezeichnet. Die Tagung fand unter dem Leitthema Orthoptera in a changing world in Ilhéus (Bahia, Brasilien) statt. Unser Team folgte der herzlichen Einladung der weltweit organisierten Orthopterists' Society den Leitvortrag für das Themenfeld Ökologie und Naturschutz beizusteuern. Prof. Thomas Fartmann präsentierte in der Keynote der Tagung die Ergebnisse seiner langjährigen Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen des globalen Wandels, deren herausragende Relevanz durch die besondere Wertschätzung des internationalen Auditoriums honoriert wurde. Wir freuen uns sehr über die Anerkennung und die Auszeichnung durch das wissenschaftliche Tagungskomitee.

    DBU-Stipendium für Forschung in Allmendweide-Ökosystemen

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    Arnika (Arnica montana)
    [20. Oktober 2016] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ein Promotionsvorhaben über die Biodiversität in Allmendweide-Ökosystemen des Südschwarzwalds. Allmendweide-Ökosysteme der montanen Lagen haben eine herausragende Beduetung für den Erhalt der europäischen Biodiversität. Die Fläche dieser Ökosysteme ist in Mitteleuropa allerdings stark zurückgegangen. Neben dem andauernden Flächen­verlust stellt insbesondere der Klimawandel eine ernst­zu­neh­men­de Bedrohung der dort ansässigen Lebensgemeinschaften dar. Mit dem Promotionsvorhaben unseres Doktoranden Florian Fumy soll nun eine Wissenslücke zu den Auswirkungen des globalen Wandels auf die Biodiversität montaner Allmendweidesysteme geschlossen werden. Die Studie zeichnet sich durch einen breiten biozönotischen Ansatz aus, der die Erfassung von drei taxonomischen Gruppen (Vögel, Heuschrecken und Tagfalter) umfasst. Anhand der Forschungsergebnisse werden Maßnahmen für den langfristigen Erhalt der Allmendweide-Ökosysteme abgeleitet.

    Bestimmungsbuch für die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols

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    Kiesbank-Grashüpfer (Chorthippus pullus)
    [12. September 2016] Ein Bestimmungsbuch mit hervorragenden fotografischen Abbildungen, Angaben zur Ökologie und aktuellen Verbreitungskarten aller Heuschreckenarten Deutschlands und Nodrtirols ist aktuell erschienen. Mit „Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols: Bestimmen–Beobachten–Schützen“ ist es erstmals möglich, sämtliche Heuschreckenarten in Deutschland und Nordtirol anhand von sehr guten Bildvergleichen zu bestimmen. Mehrere Mitarbeiter der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie haben tatkräftig zum Gelingen der Publikation beigetragen. Ein Beispiel der Bestimmungstafeln gibt es bei der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL). Das Bestimmungswerk zeichnet sich besonders durch seine praxistaugliche Aufarbeitung aus und vereinfacht die Bestimmung der heimischen Heuschreckenarten. Das Buch kann ab sofort bestellt werden.

    Neuerscheinung zum Artenschutz unter dem Einfluss des Klimawandels

    aktuell bergmaehwiese
    Bergmähwiese mit Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis) (Westfalen)
    [20. Juni 2016] Der Klimawandel ist eine der Hauptursachen für den weltweiten Biodiversitätsverlust. Im Hinblick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels ergeben sich neue Herausforderungen für den Artenschutz in Mitteleuropa. Im Rahmen eines vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten F+E-Vorhabens wurden Perspektiven und Strategien für den Artenschutz unter dem Einfluss des Klimawandels erarbeitet. Die Publikation in der Reihe Naturschutz und Biologische Vielfalt gibt einen umfassenden Überblick über die Auswirkungen des Klimawandels auf Tier- und Pflanzenarten und zeigt Handlungsempfehlungen für den zukünftigen Artenschutz auf. Eine Bestellung ist ab sofort hier möglich.

    DBU erteilt Zusage für ornithologisches Promotionsvorhaben

    Asio flammeus
    Sumpfohreule (Asio flammeus)
    [14. Mai 2016] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat unserem Doktoranden Steffen Kämpfer die Zusage für ein Promotionsstipendium erteilt. Seit den 1950 er Jahren ist ein drastischer Rückgang vieler Vogelarten der mitteleuropäischen Kulturlandschaft zu verzeichnen. Das Ziel des Promotionsvorhabens ist eine umfassende Analyse der Auswirkungen des globalen Wandels auf gefährdete Brutvogelarten in Mitteleuropa. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Analyse der Habitatpräferenzen der Sumpfohreule in aktuell und ehemalig besiedelten Habitaten Mitteleuropas im Vergleich zu europäischen Optimalhabitaten gelegt. Die Ergebnisse des Promotionsvorhabens sollen dazu beitragen, ein nachhaltiges Habitatmanagement für stark gefährdete Brutvogelarten zu entwickeln.

    DBU-Projekt zur Biodiversität von Weihnachtsbaumkulturen

    aktuell wbk
    Konventionelle Weihnachtsbaumkultur im Sauerland (Westfalen)
    [16. Dezember 2015] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ab Januar 2016 ein Projekt zur Biodiversität von Weihnachtsbaumkulturen im Sauerland. Das Projekt wird in Kooperation mit der Biologischen Station Hochsauerlandkreis e.V. und der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Der systematische Anbau von Weihnachtsbäumen begann erst in den 1980er Jahren und ist damit ein relativ junges Phänomen. Wie aufgrund der Neuartigkeit des Ökosystems zu erwarten ist, sind die Kenntnisse zur Biodiversität rudimentär. Ziel des Projektes ist es daher die Biodiversität von Weihnachtsbaumkulturen im Vergleich zu konkurrierenden Nutzungen zu untersuchen und Handlungsempfehlungen zum biodiversitätsfördernden, umweltverträglichen und nachhaltigen Anbau von Weihnachtsbäumen zu erarbeiten.

    BfN bewilligt Forschungsvorhaben zu Gefährdungsursachen von Rote-Liste-Arten

    aktuell lacerta bilineata
    Westliche Smaragdeidechse
    (Lacerta bilineata)
    [08. Dezember 2015] Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert ab Dezember 2015 ein Forschungsvorhaben zur „Vorbereitung der Analyse der Gefährdungsursachen von Rote-Liste-Arten.“ Das Projekt wird in Kooperation mit dem Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) bearbeitet. Die Identifikation von Gefährdungsursachen für bestandsbedrohte Arten ist eine notwendige Voraussetzung zur Entwicklung von konkreten, zielgerichteten Hilfs- und Schutzmaßnahmen. Standardisierte Analysen zu Gefährdungsursachen wurden bisher allerdings nur für ausgewählte Artengruppen durchgeführt. Im vorliegenden Forschungsvorhaben soll erstmals eine umfassende, Artengruppen-übergreifende Gefährdungsursachenanalyse mit einheitlichen und standardisierten Methoden vorbereitet werden.

    DBU fördert Promotionsvorhaben zu Auswirkungen des Klima- und Landnutzungswandels

    aktuelles phyteuma
    Blühaspekt der Kugeligen Teufelskralle (Phyteuma orbiculare) (Eifel)
    [27. November 2015] Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ab Januar 2016 das Promotionsvorhaben unseres Doktoranden Franz Löffler. Die Auswirkungen des Klima- und Landnutzungswandels auf die Lebensgemeinschaften des montanen Magergraslands sind bis heute unzureichend untersucht. Im Rahmen der Dissertation sollen daher erstmals umfassende Analysen zu den Auswirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf die Lebensgemeinschaften des montanen Magergraslands durchgeführt werden. In enger Kooperation mit Naturschutzorganisationen werden Lösungen für ein nachhaltiges Management auf Habitat- und Landschaftsebene entwickelt.

    Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Promotion über gefährdete Tagfalterarten

    aktuell
    Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini)
    [20. Juli 2015] Wir gratulieren Gregor Stuhldreher sehr herzlich zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion. Die Dissertation mit dem Titel „From oviposition site to landscape structures — effects of land-use and climate change on threatened grassland butterflies“ beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Landnutzungs- und Klimawandels auf gefährdete Tagfalterarten in mitteleuropäischen Kalkmagerrasen. Die Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten wurden bis heute in sechs internationalen Fachartikeln publiziert. Die Promotion wurde durch das Stipendienprogramm der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    NWO-Förderpreis für herausragende Abschlussarbeit

    aktuell
    Heidelerche (Lullula arborea)
    [24. März 2015] Unserem Masterstudierenden Christian Höppner wurde für seine Masterarbeit „Christmas tree plantations as refuges for endangered songbirds“ der Förderpreis der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft (NWO) verliehen. Die Studie beschäftigt sich mit der Bedeutung von Weihnachtsbaumkulturen im Hochsauerland als Habitat für die stark gefährdete Heidelerche und den Baumpieper. Sie zeigt exemplarisch, dass Weihnachtsbaumkulturen durch nachhaltige Bewirtschaftung einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten können.

    Promotion über Renaturierung von Bergheiden erfolgreich abgeschlossen

    aktuell dbu forschung
    Herzlichen Glückwunsch an unseren Doktoranden Fabian Borchard (2.v.li.)
    [09. Februar 2015] Wir gratulieren Fabian Borchard sehr herzlich zum erfolgreichen Abschluss seiner Promotion mit dem Titel „Restoration of montane heathland ecosystems in Central Europe.“ Die Ergebnisse seiner Studien wurden bislang in drei internationalen Fachartikeln publiziert. Die Promotion wurde durch das Promotionsstipendienprogramm der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

    Hintermann & Weber-Forschungspreis für Tagfalteruntersuchung in Südbayern

    aktuell dbu forschung
    Benjamin Krämer wurde für seine Diplomarbeit ausgezeichnet
    Benjamin Krämer wurde für seine Studie „Habitat quality is the key for the conservation of butterfly communities in pre-alpine calcareous grasslands“ mit dem H & W-Forschungspreis für Naturschutz ausgezeichnet. Die Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über die Bedeutung der Buckelwiesen im bayerischen Alpenraum für die Tagfalterfauna und gibt wegweisende Impulse für den praktischen Naturschutz.

    DBU unterstützt neues Promotionsvorhaben zur Biodiversität in Regenrückhaltebecken

    aktuell dbu forschung
    Regenrückhaltebecken – Refugien für die Biodiversität (Münster, Westfalen)
    Unsere Promotionsstudentin Lisa Holtmann wird sich in ihrem Promotionsvorhaben mit der Bedeutung von Regenrückhaltebecken für die Biodiversität im urbanen Raum beschäftigen. Das Projekt wird durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt. Gegenstand der Untersuchung bildet eine vielschichtige Analyse der Bedeutung dieses Habitattyps für verschiedene Indikatorgruppen. Zudem wird besonders die Entwicklung eines nachhaltigen Managements im Kern der Forschungsarbeiten stehen.

    BfN verlängert Forschungsvorhaben zum Artenschutz unter Klimawandel

    goldregenpfeifer
    Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria)
    Das erfolgreiche F+E-Vorhaben „Strategien und Handlungskonzepte für den Artenschutz in Deutschland unter Klimawandel“ wurde durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) verlängert. Mit dem Vorhaben sollen ausgehend vom aktuellen Forschungsstand Perspektiven und Strategien für den Artenschutz unter dem Einfluss des Klimawandels erarbeitet werden. Die Ergebnisse des Vorhabens werden in der Schriftenreihe des BfN "Naturschutz und Biologische Vielfalt publiziert und sollen zukünftig verstärkt in Naturschutzkonzepte einbezogen werden.

    Restitution montanes Magergrünland

    Bergwiese
    Wiederhergestellte Magerweide mit Echter Arnika (Arnica montana) und Gewöhnlichem Ferkelkraut (Hypochaeris radicata).

    [27. März 2024] Artenreiches Magergrünland prägte über Jahrhunderte hinweg die Landschaft mitteleuropäischer Höhenlagen. Im Zuge der Industrialisierung kam es jedoch zu großflächigen Aufforstungen mit oft standortfremden Baumarten, was mit dramatischen Rückgängen der Biodiversität einherging. Durch Projekte zur Wiederherstellung und möglichst langfristigen Erhaltung von naturschutzfachlich wertvollem Grünland wird diesem Trend heute verstärkt entgegengewirkt. Typische Maßnahmen sind die Entfernung des Gehölzaufwuchses, die Übertragung von artenreichem Mahdgut und die anschließende Wiedereinführung einer extensiven Beweidung oder Mahd. Eine umfangreiche Untersuchung wiederhergestellter Magerweiden im Rothaargebirge konnte einen raschen Erfolg dieser Maßnahmen belegen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Frontiers in Ecology and Evolution publiziert. In einem vergleichenden Untersuchungsansatz wurden Gefäßpflanzen, Zikaden, Wanzen und Heuschrecken auf Restitutionsflächen und auf langjährig extensiv beweideten Flächen im Zielzustand erfasst. Nach einer Entwicklungszeit von drei bis fünf Jahren hatten sich bereits lückige Magergrünlandbestände entwickelt, auf denen keine Unterschiede mehr in den Artenzahlen und der Diversität der untersuchten Insektengruppen zwischen den Flächentypen nachgewiesen werden konnten. Zusätzlich zeigte sich eine deutliche Überschneidung der Artenzusammensetzungen. Dies galt ebenso für gefährdete Arten und Zielarten der Gefäßpflanzen. Lediglich bei der Betrachtung aller Arten dieser Gruppe zeigte sich, dass die Restitutionsflächen zwar bereits auf einem hohen Niveau lagen, sich jedoch noch nicht vollständig den Zielflächen angeglichen hatten. Die Studie unterstreicht die Eignung der durchgeführten Restitutionsmaßnahmen zur Wiederherstellung artenreicher Grünlandzönosen. Dies gilt insbesondere dort, wo Insekten und andere Wirbellose durch eine gute Anbindung an geeignete Grünlandflächen die Möglichkeit haben, die Restitutionsflächen selbstständig zu erreichen.

    Helbing, F., Fartmann, T. & D. Poniatowski (2023): Rapid response of vascular plants and insects to restoration of montane grasslands. Frontiers in Ecology and Evolution 11: 1148266. doi.org/ 10.3389/fevo.2023.1148266

    DBU-Projekt zum Biotopverbund als Klimaanpassungsstrategie

    aktuell dbu 2013
    Dukaten-Feuerfalter (Lycaena virgaureae)
    Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt seit August 2013 ein Forschungsvorhaben, um die negativen Folgen des Klimawandels auf die Biodiversität durch praktische Maßnahmen einzugrenzen. Das Projekt wird in enger Kooperation mit Partnern aus dem Zweckverband Naturpark Diemelsee durchgeführt. Durch veränderte Umweltbedingungen sind viele Arten gezwungen ihre Areale zu verändern. Ein verbesserter Biotopverbund würde den Erhaltungszustand vieler Arten hierbei verbessern. Im Rahmen des Projektes arbeiten Wissenschaft und Praxis im Naturpark Diemelsee zusammen, um neue Kenntnisse zukünftig in konkrete Naturschutzmaßnahmen einzubeziehen.